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Donnerstag, 9. Juni 2016

Die Frage nach dem Grund ist selbst schon eine Synthesis.




§ 2.

Nicht die Philosophie, sondern die Aufgabe, die Tendenz zur Philosophie geht aus von dem facto, dass wir Bewusstsein haben. Unter den Bestimmungen und Zuständen unseres Bewusstseins, die wir Vorstellungen nennen, sind einige begleitet vom Gefühle der Notwendigkeit, andre hingegen hängen bloß von unserer Willkür ab.       

1) An diesem Faktum zweifelt niemand; es kann keine Frage darüber entstehen, und wer da nach Beweisen fragt, der weiß nicht, was er will. (Thiedemann in seinem Theätet will beweisen, dass er Vorstellungen habe.)

2. Bemerke man wohl, wie diese Tatsache gestellt ist; es ist behauptet worden, es gibt Vorstellungen mit dem Gefühle der Notwendigkeit begleitet, dass ihnen Dinge entsprechen; nicht, dass Dinge sind. 

3. An dieses unbezweifelt gewisse Faktum wird etwas anderes angeknüpft, nämlich die Idee des Grundes. Nämlich der Philosoph fragt: Welches ist der Grund der in mir mit dem Gefühle der Notwendigkeit vorkom-menden Vorstellungen? Dass es einen Grund gebe, wird als ausgemacht angenommen, die Frage ist nur: Wel-ches ist dieser Grund?

Schon in der Aufgabe für die gesamte Philosophie ist eine Synthesis. Es wird schon aus dem Faktum her-ausgegangen zum Grunde; wie komme ich nun dazu, aus dem Faktum zu dem Grunde herauszugehen? Diese Frage ist wichtig; denn solche Fragen aufzuwerfen und zu beantworten heißt philosophieren, und da diese Frage der Philosophie zu Grunde liegt, würde //13// diese Frage beantworten heißen: über die Philosophie philosophieren. Die Frage nach der Möglichkeit der Philosophie fällt sonach selbst in die Philosophie hinein. Die Philosophie beantwortet die Frage nach ihrer eignen Möglichkeit. Sonach lässt sich die Möglichkeit der Philosophie nur in einem Zirkel beweisen, oder sie bedarf keines Beweises und ist schlechthin und absolut möglich.
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Wissenschaftslehre nova methodo, II. Einleitung, Hamburg 1982, S. 12f. 



Nota. - Die Philosophie beginnt 'synthetisch'. Als lediglich analytisch mag man das 'gemeine' Normalbewusstsein auffassen, es sieht etwas und fragt nur was? und allenfalls wie? Die Frage warum? dagegen setzt voraus, dass etwas 'da' sein könnte, das man nicht sieht; besser gesagt, um sie stellen zu können, muss man es selbst voraus-gesetzt haben. Doch wie käme man dazu?
JE






Nota. Das obige Foto gehört mir nicht, ich habe es im Internet gefunden. Wenn Sie der Eigentümer sind und seine Verwendung an dieser Stelle nicht wünschen, bitte ich um Nachricht auf diesem Blog. JE 

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