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Freitag, 17. Juni 2016

Alle Handlungen des Ich müssen durch das Bewusstsein hindurch.



§ 5

Wird dem Idealismus einmal die Wahrheit seines Satzes, und zwar als Prinzip, zugegeben, so kann er streng alles davon //18// ableiten, was im Bewusstsein vorkommt. Ob es ihm aber jemand zugebe, das hängt ab von der Denkart des Jemand.

Man sagt, ich habe Bewusstsein, als wenn das Bewusstsein ein Akzidens des Ich wäre. Dies ist eine Absonde-rung, die erst spät geschieht und wovon die Philosophie den Grund angeben muss. Es ist wahr, ich muss mir noch andere Bestimmungen oder Prädikate zuschreiben, als Bewusstsein; aber alle Handlungen des Ich müssen durch das Bewusstsein hindurch. Alles, was für uns sein soll, ist doch nur ein Bewusstsein.

Auf den ersten Blick ist es richtig, wenn man sagt: mein Bewusstsein ist Ich und Ich bin mein Bewusstsein. Im Bewusstsein kommen zwar Vorstellungen mit dem Gefühle der Notwendigkeit vor, oder das Vorstellende ist ein Bewusstsein dessen, was mit dem Gefühle der Notwendigkeit da ist. Nun aber ist das Vorstellende, was es auch immer sein mag, durch Selbsttätigkeit; also auch diese Vorstellungen sind Produkte der Selbsttätigkeit.

Man darf nicht denken, dass das Ich durch etwas Anderes bewusst werde. Das Ich ist nichts als seine Tätigkeit. Das vorstellende Selbst ist seine Selbsttätigkeit, diese ist sein Wesen, und eine gewisse bestimmte Selbsttätigkeit ist in der und der Lage sein Wesen.  Das ich setzt sich selbst heißt: Es ist eine in sich selbst zurückgehende Tätigkeit. Wer nicht von allem Objekte abstrahieren kann, der ist zum gründlichen Philosophieren unfähig. Weiter unten wird sichs finden, dass man ein Substrat hinzudenken müsse, aber bis dahin muss man davon abstrahieren.

Da nun alles, was das Vorstellende sein soll, nur durch Selbsttätigkeit sein soll, sind auch die Vorstellungen, die mit dem Gefühle der Notwendigkeit vorkommen, seine Produkte.
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Wissenschaftslehre nova methodo, II. Einleitung, Hamburg 1982, S. 17f.



Nota. - Da steht nicht: Alles, was ein Mensch tut, tut er mit Bewusstsein; sondern: Nur, was einer mit Bewusst-sein tut, ist seinem Ich zuzurechnen. 'Richtig' kann einer aus tausend Gründen handeln, auch aus Neigung oder Zufall und ohne alles Bewusstsein. Vernünftig handeln kann er nur bewusst, und nur in dieser Hinsicht ist er ein Ich.
JE. 



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