Freitag, 10. Januar 2014

Das Leiden am Unterricht.

Trepanum; Lothar Sauer

Das Gedächtniss, wenn es allein, und ohne irgend einem anderen geistigen Zwecke dienen zu sollen, in Anspruch genommen wird, ist vielmehr ein Leiden des Gemüths, als eine Thätigkeit desselben, und es lässt sich einsehen, dass der Zögling dieses Leiden höchst ungern übernehmen werde. Auch ist die Bekanntschaft mit ganz fremden und nicht das mindeste Interesse für ihn habenden Dingen und mit ihren Eigenschaften ein schlechter Ersatz für jenes ihm zugefügte Leiden; deswegen musste seine Abneigung durch die Vertröstung auf die künftige Nützlich- keit dieser Erkenntnisse, und dass man nur vermittelst ihrer Brot und Ehre finden könne, und sogar durch unmit- telbar gegenwärtige Strafe und Belohnung überwunden werden; – dass somit die Erkenntniss gleich von vorn- herein als Dienerin des sinnlichen Wohlseyns aufgestellt wurde, und diese Erziehung, welche in Absicht ihres Inhalts oben als bloss unkräftig für Entwicklung einer sittlichen Denkart aufgestellt wurde, um nur an den Zög- ling zu gelangen, das moralische Verderben desselben sogar pflanzen und entwickeln, und ihr Interesse an das Interesse dieses Verderbens anknüpfen musste. 

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Reden an die deutsche Nation, 2. Rede, SW VII, S. 189



 

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