Dienstag, 5. Januar 2016

Gefühle sind Qualia; wie kann man sie also vergleichen?


Kant beantwortet die Frage, wie das Mannigfaltige im Bewusstsein vereinigt werde, vortrefflich, aber nicht: wie das Mannigfaltige der Gefühle; da doch die Beantwortung des ersten auf die Beantwortung des letzen gründet. Er bezieht (vid. Kritik der Urteilskraft) alle Gefühle auf Lust und Unlust; nun aber muss es zwischen der Bezie-hung der Gefühle auf Lust und Unlust ein Mittleres geben, wo-/durch diese Beziehung erst möglich werde. Um zu empfinden, ob A oder B mehr Lust gewähre, muss ich sie erst beide zusammen haben, um sie zu ver-gleichen, wie bekomme ich nun beide zusammen?

Wenn man z. B. zwei Weine kostet, nicht um zu sehen, welcher von beiden besser schmeckt, sondern nur, um die Verschiedenheit des Gefühls zu wissen, so scheint eine solche Vergleichung unmöglich, denn wenn man den einen schmeckt, so schmeckt man den anderen nicht. Es ist immer nur ein Geschmack, und zum Verglei-chen gehört doch zweierlei? Und jedermann weiß doch, dass er diese Vergleichung anstellen kann.

Man muss hier auf das Verfahren merken. Denn bei dem Kosten ist Tätigkeit. Man fasst seinen ganzen Sinn auf den Gegenstand, den man kostet, zusammen und konzentriert ihn auf denselben. Man bezieht dieses be-sondre Gefühl auf die gesamte Sinnlichkeit; so wie dies beim Kosten des ersten geschieht, geschieht es auch beim zweiten, dadurch werden beide mit etwas Gemeinschaftlichem zusammengehalten, nämlich mit der ganzen Sensibilität, welche in beiden Momenten dieselbe ist.
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Wissenschaftslehre nova methodo, Hamburg 1982, S. 69f.



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