Samstag, 17. Dezember 2016

Freiheit ist das Vermögen, absolut anzufangen.



Dass es so sein müsste, geht aus unserer Synthesis hervor, denn nur so ist Bewusstsein möglich.

Eine Beschränktheit, die nicht ohne Freiheit möglich ist, ist Beschränktheit der Freiheit selbst. Richtung und zwar ursprüngliche Richtung derselben ist ein Punkt. Dies passt aber nicht zu dem Begriff, den wir gegenwärtig von der Freiheit aufgestellt haben. Wir müssen den Begriff der Freiheit schärfer fassen, als bisher nötig war. Bisher haben wir gesagt: Freiheit ist ein absolutes Übergehen von Bestimmbarkeit zur Bestimmtheit. Aber schon im Paragraph 1 haben wir gesehen, dass dies Bedingung der Anschauung durch ideale Tätigkeit sei. Sonach liegt in unserem Begriff noch etwas Fremdartiges, die Form der Anschauung.

Da wir hier nun die Freiheit vor aller Anschauung und als Bedingung aller Möglichkeit des Bewusstsein und der Anschauung aufstellen wollen, so müssen wir dies erst durch das Bewusstsein hinzugekommene Fremdartige absondern; und sonach bleibt nicht übrig als Absolutheit. Aber Absolutheit lässt sich nicht einmal denken, wenn wir nicht etwas Empirisches hinzutun, das aber der Reinheit keinen Abbruch tut, nämlich die Reihe der Dependenz in der Zeit, und Freiheit wäre das Vermögen, absolut anzufangen.

Wir dürfen nicht die Freiheit an die Reihe, sondern die Reihe an die Freiheit knüpfen. So haben wir ein ab solutes Erstes, die Freiheit anzufangen.

(Die Definition der Freiheit, zwischen dem eigennützigen und uneigennützigen Triebe zu wählen, ist falsch, wenn Freiheit rein gedacht werden soll. Vide Kants Metaphysische Anfänge der Rechtslehre.) 

Diese Freiheit soll bestimmt sein, eine Richtung haben, würde heißen: Das Vermögen, absolut anzufangen, hat eine bestimmte Richtung. Die Freiheit kann gerade dies (ein bestimmtes Y) als erstes Glied setzen; so bleibt das Vermögen des absoluten Anfangs und die Beschränktheit.
________________________________________________
Wissenschaftslehre nova methodo, Hamburg 1982, S. 140



Nota. - Das Absolute kann nicht gedacht werden, denn gedacht werden kann nur Bestimmtes; wäre es aber bestimmt, wäre es nicht absolut. Gedacht werden kann allenfalls, was es selbst bestimmt hat: die von ihm begonnene Kausalreihe. Nicht als Bestimmtes, doch auch nicht als Bestimmendes kann es gedacht werden - sondern nur als das, was vor dem Beginn der Reihe angenommen werden muss. Ein Akt der Freiheit kann, wie gesagt, nicht begriffen werden.
JE


 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen