Dienstag, 21. März 2017

Die Einbildungskraft produziert den Stoff.



Die Vermögen  des Ich müssen selbst deduziert werden; so muss hier bewiesen werden, dass Einbildungskraft ist. Dies ist hier deduziert, weil kein Bewusstsein und kein Ich [ist,] wenn keine Übergehen vom Bestimmbaren aus ist, wenn nicht ein Bestimmbares für uns ist. Dass es eine Einbildungskraft gebe, ist dadurch notwendig.

Ihr entgegengesetzt ist das Fassen des Bestimmten, das Denken, beides ist nicht ohne ein anderes, und beides sind nur verschiedene Ansichten meines ganzen Vermögens. Dies ist dasselbe viel //203// tiefer gefasst als: keine Anschauung ohne Begriff und kein Begriff ohne Anschauung. 

Dann ist anzumerken: Das Bestmmbare ist nicht etwa vor der Einbildungkraft voraus, sondern das Bestimm- bare entsteht eben durch die Einbildungskraft und bloß durch sie. Von der höchsten Synthesis aus ist zu sagen: Ich schaue mich an als einbildend, und dadurch schaue ich ein Bestimmbares [an]. Insofern ist die Einbildungs- kraft absolut produzierend in Rücksicht des Stoffs, so wie überhaupt das Ich produzierend ist; und endlich: Das Objekt der Einbildungskraft ist das Bestimmbare, dasjenige, das alle Tätigkeit im Bestimmen, die doch dem Ich allein zugeschrieben wird, bedingt. 
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Wissenschaftslehre nova methodo, Hamburg 1982, S. 202f.



Nota. - Das, was 'vorliegt', ist lediglich unbestimmt; nicht einmal bestimmbar, das wird es nur die Begegnung mit einem schlechthin tätigsein-Wollenden: als bestimmbar bestimmt, Stoff. So wie das Ich sich mit seinem allerersten Bestimmungsakt erst als solches 'setzt': in Reflexion auf das aus dem Widerstreben des Gegenstands erwachsende Gefühl.

Festzuhalten die Unterscheidung von einbilden = das Bestimmbare als solches setzen, und denken = das Be- stimmte auffassen. Fichte hat eine eigene Terminologie nicht ausbilden wollen, aber an gewissen Stellen erläutert die Wortwahl einen Gedanken, der anderswo undeutlich bleibt.

JE







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