Freitag, 15. Juni 2018
Erst das Sollen schafft das Bestimmbare.
Vor der Hand wollen wir das Bestimmbare ansehen. - Das Denken des Sollens setzt sonach ein System des Bestimmbaren voraus. Dieses Bestimmbare würde nicht sein ohne die Aufgabe, das Sollen zu denken, und diese würde nicht sein ohne das Sollen selbst. (Lediglich durch das Denken wird das Bestimmbare herbei- geführt.)
Aus diesem notwendig zu setzenden Bestimmbaren werden wir alle Elemente des Bewusstseins ableiten als Mittelbares, herbeigebracht durch das Bewusstsein des Sollens.
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Wissenschaftslehre nova methodo, Hamburg 1982, S. 146
Nota I. - Nicht schon durch das Wollen, wie es bisher schien, entsteht das Bestimmbare, sondern erst durch das Sollen als seine höhere Potenz: Das Unbestimmte ist nun nicht mehr bloß (bei gutem Willen) bestimmbar, son- dern gilt kategorisch als ein Zu-Bestimmendes. (So erst wird es endlich, und so wird es wirklich.)
Im Sinne einer kritischen Anthropologie gedeutet, hat das Sinn. Das Zeitalter der Vernunft hob an, als die Menschen nicht mehr bloß okkasionell in je bestimmter Absicht das ihnen Begegnende zu begreifen suchten, sondern dazu übergingen, das Begreifen als ein Anforderung anzusehen, die von Rechts wegen generell an sie gestellt wird.
Es klingt bei F. aber die Absicht an, an das Verb sollen das Sittlichkeitsgebot zu knüpfen - in Verbindung wo- möglich mit der Neigung, 'die Vernunft' als vor-gegeben aufzufassen. Es wird nötig sein, sich die Einführung des Sollens daraufhin noch einmal anzusehen.
24. 12. 16
Nota II. - Es geht der Wissenschftslehre darum zu verstehen - einsehen, woher und wozu -, wie das von uns historisch vorgefundene System der Vernunft entstanden ist. Dass es entstanden ist, ist uns vorausgesetzt, dass es entstehen musste, braucht daher nicht erwiesen zu werden. Darzulegen sind die Bedingungen der Möglichkeit sei- nes Entstehens. Und zwar vollständig: Zeigt sich in der Darstellung eine Lücke, so muss sie gefüllt werden.
Soll das Wollen des Ich, soll die Bestimmbarkeit von Ich und Nichtich nicht zufällig sein, sondern notwendig, dann muss ein Objektivum angenommern werden. Also doch ein metaphysisches Müssen von außerhalb? Nein nein. Sondern das zufällige Wünschen muss zum Wollen festgestellt werden, indem es einen Grund findet. Aber eben im Ich selbst.
Es ist geschehen, dass die Menschen sich eine Welt als Inbegriff des Bestimmbar-zu-Bestimmenden vorgestellt haben. Es muss also gedacht werden, dass sie sich als bestimmen-sollend vorgefunden haben, um sich als bestim- men-wollend bestimmen zu können. Nämlich aus Freiheit.
Nicht gedacht muss werden, dass irgendwann alle empirischen Individuen sich als bestimmensollend gefühlt haben. Es soll nicht gezeigt werden, wie alle Menschen vernünftig geworden sind. (Sind sie es?) Sondern es solle gezeigt werden, wie es möglich war, dass aus der Menge der Menschen heraus eine 'Reihe vernünftiger Wesen' und ipso facto eine intelligible Welt entstanden sind, in der diese miteinander verkehren.
Allerdings behauptet die Vernunft seither, im Namen Aller zu sprechen. Um sich damit durchzusetzen, wird sie mehr aufbieten müssen als bloß vernünftige Gründe; denn die überzeugen nur die schon Überzeugten.
JE
Nota - Das obige Bild gehört mir nicht, ich habe es im Internet gefunden. Wenn Sie der Eigentümer sind und ihre Verwendung an dieser Stelle nicht wünschen, bitte ich um Ihre Nachricht auf diesem Blog. JE.
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