Dienstag, 19. August 2014

Zuerst ist Sinnlichkeit.


Thommy Weiss, pixelio.de 

...das Gefühl ist eins, es ist Bestimmtheit, Beschränktheit des ganzen Ich, über die es nicht hinauskann; es ist die letzte Grenze, es kann sonach nicht weiter zergliedert und zusammengesetzt werden, das Gefühl ist schlechthin, was es ist und weil es ist. Das durch das Gefühl Gegebene ist die Bedingung alles Handelns des Ich, die Sphäre, aber nicht das Objekt.

Die Darstellung des Gefühls in der Sinnenwelt ist das Fühlbare und wird gesetzt als Materie. Ich kann keine Materie hervorbringen oder vernichten, ich kann nicht machen, dass sie mich anders affiziert, als sie ihrer Natur nach tut. Entfernen oder annähern kann ich sie wohl. 

Das Positive soll Mannigfaltigkeit sein, weil es Gegenstand der Wahl für die Freiheit sein soll. Es müsste also mannigfaltige Gefühle geben, oder der Trieb müsste auf mannigfaltige Art affizierbar sein; welches man auch so ausdrücken könnte: Es gibt mehrere Triebe im Ich. Diese Mannigfltigkeit der Triebe ist nicht zu deduzieren oder aus einem Höheren abzuleiten, denn wir stehen hier an der Grenze. Dieses Mannigfaltige ist mit dem Postulate der Freiheit postuliert; hinterher wohl wird dieses Mannigfaltige im Trieb sich zeigen als Naturtrieb und wird aus der Natur erklärt werden; aber die Natur wird erst selbst zufolge des Gefühls gesetzt.

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Wissenschaftslehre nova methodo, Nachschrift K. Chr. Fr. Krause, Hamburg 1982,
S. 69

[Rechtschreibung angepasst]



Nota.

"Soll": Die Wissenschaftslehre verfährt phämonenologisch; sie konstatiert, was (im wirklichen Bewusstsein der Menschen) ist, und will erklären, wie es dazu kommen kann. Es wird keineswegs 'aus einem Höheren abgeleitet'. 

Hier: Das Positive ist uns gegeben als Gegenstand der Freiheit - als Raum, in dem es auf meine Wahl ankommt. Um Gegenstand der Freiheit werden zu können, muss, "soll" es mannigfaltig sein, denn anders hätte ich keine Wahl; usw.
JE 

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