Samstag, 18. August 2018

Ich als Idee.

Mensi / pixelio.de

Das Ich als Idee, ist das Vernunftwesen, inwiefern es die allgemeine Vernunft teils in sich selbst vollkommen dargestellt hat, wirklich durchaus vernünftig und nichts als vernünftig ist; also auch aufgehört hat Individuum zu sein, welch/ches letztere es nur durch sinnliche Beschränkung war: ... Die Welt bleibt in dieser Idee, als Welt überhaupt, als Substrat mit diesen bestimmten mechanischen und organischen Gesetzen... 

Die Idee des Ich hat mit dem Ich als Anschauung, nur das gemein, daß das Ich in beiden nicht als Individuum gedacht wird; im letzteren darum nicht, weil die Ichheit noch nicht bis zur Individualität bestimmt ist, im ersteren umgekehrt darum nicht, weil durch die Bildung nach allgemeinen Gesetzen die Individualität verschwunden ist. Darin sind aber beide entgegengesetzt, daß in dem Ich als Anschauung nur die Form des Ich liegt und auf ein eigentliches Material desselben, welches nur durch sein Denken einer Welt denkbar ist, gar nicht Rücksicht ge- nommen wird; da hingegen im letzteren die vollständige Materie der Ichheit gedacht wird. 

Von dem ersten geht die ganze Philosophie aus, und es ist ihr Grundbegriff; zu dem letzteren geht sie nicht hin; nur im praktischen Teile kann diese Idee aufgestellt werden, als höchstes Ziel des Strebens der Vernunft. Das erstere ist, wie gesagt, ursprüngliche Anschauung, und wird auf die zur Genüge beschriebene Weise Begriff: das letztere ist nur Idee; es kann nicht bestimmt gedacht werden, und es wird nie wirklich sein, sondern wir sollen uns dieser Idee nur ins Unendliche annähern.
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Grundlage der gesammten Wissenschaftslehre, SW I, S. 517f

 
Nota I. - Das Ich als Idee wäre eines, das ausschließlich in unsere Welt gehört. Aber ein solches kann nicht sein. Ob man sich ihm 'ins Unendliche annähern' soll, wäre noch zu diskutieren - aber nicht in der theoretischen Phi- losophie.

29. 11. 13

Nota II. - Das Ich "als Anschuung", nämlich als intellektuelle Anschauung, war zunächst nicht Gegenstand der Anschauung, sondern der Reflexion: Es ist diejenige Bedingung der Vernunft, von der sich am Ende des ersten Ganges der Wissenschaftslehre nicht mehr abstrahieren lässt: Wenn überhaupt etwas gedacht werden soll, dann muss es gedacht werden. Und zwar - eigentlich nachträglich - durch einen freien Akt hinzugedacht werden. Dann aber wird es einerseit zum Anfang: Was die analytische Suche als Resultat ergeben hat, muss sich nun als hinrei- chender Grund für die Rekonstruktion der Vernunft aus keiner andern Voraussetzung als ihr bewähren.

Nachdem im ersten Gang alle Bestimmung von ihmr abgezogen worden ist, muss es nun ohne jede Bestimmung mit sich selbst anfangen; als Tathandlung.

Soweit das aufgefundene Ich. Individuum muss es noch werden - nämlich durch progressives selbst-Bestimmen, was dasselbe ist wie das Bilden einer Welt. Eine überindividuelle Abstraktion ist auch das Ich "als Idee". Wenn als Ausgangsbestimmung des Ich unendliches Selbstbestimmen gesetzt ist, dieses aber nie zu einem Ende kommt, dann ist das Ich nicht nur an seinem Ursprung, sondern auch an seinem Ziel Streben. Es ist immer nur im Über- gang bestimmt, 'wesentlich' ist es, auf alle Ewigkeit, unbestimmtes Zu-Bestimmendes. Absolut, nämlich von jeder Bestimmung frei, ist es vorn wie hinten. 'Es selbst' so wie sein Gegenstand: Nicht-Ich. Es bleibt, wie am Anfang, ewig Tathandlung

Zur Erinnerung: In der Grundlage hat Fichte die Darstellung seines Systems nach scholastischer Konvention mit einem theoretischen Teil eingeleitet und im praktischen Teil ausgeführt. Das widersprach jedoch dem ganzen Sinn des Systems, das gant und gar im Praktischen gründet. Fichte war bald unzufrieden mit dieser ersten Dar- stellung. Die Nova methodo ist von vorn bis hinten praktisch - theoretisch ist immer nur die begleitende Reflexion.
JE

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