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Dienstag, 2. April 2019

Auf das Vernunftwesen kann nicht anders eingewirkt werden als durch seinen Leib.

 
§ 6. Fünfter Lehrsatz
 

Die Person kann sich keinen Leib zuschreiben, ohne ihn zu setzen als stehend unter dem Einfluss einer Person außer ihr, und ohne ihn dadurch weiter zu setzen.

Beweis

I. Die Person kann zufolge des zweiten Lehrsatzes sich gar nicht setzen, sie setze denn, dass eine Einwirkung auf sie geschehen sei. Das Setzen einer solchren Einwirkung war ausschießende Bedingung aller Bewusstseins / und der erste Punkt, an den das ganze Bewusstsein angeknüpft wurde. Diese Einwirkung wird gesetzt als die bestimmte Person, das Individuum als solches, denn das Vernunftwesen kann sich, wie gezeigt worden, nicht etwa als Vernunftwesen überhaupt, es kann sich nur als Individuum setzen. Eine von ihm gesetzte Einwirkung auf sich selbst ist daher notwendig eine auf das Individuum, weil es für sich nichts anderes ist noch sein kann, als ein Individuum.

Es ist auf ein Vernunftwesen gewirkt heißt, gleichfalls nach den oben angeführten Beweisen, so viel: Seine freie Tätigkeit ist zum Teil und in einer gewissen Rücksicht aufgehoben. Erst durch diese Aufhebung wird für die Intelligenz ein Objekt, und sie schließt auf etwas, das nicht durch sie da ist.

Es ist auf das Vernunftwesen als Individuum gewirkt, heißt sonach: eine Tätigkeit, die ihm als Individuum zu- kommt, ist aufgehoben. Nun ist die umfassende Sphäre seiner Tätigkeit als Individuum sein Leib; die Wirksam- keit in diesem Leibe demnach das Vermögen in ihm, durch den bloßen Willen Ursache zu sein, müsste gehemmt, oder kürzer, es müsste auf den Leib der Person eingewirkt sein.

Man nehme demzufolge an, dass eine in der Sphäre der an sich möglichen Handlungen der Person liegende Handlung aufgehoben, für den Augenblick unmöglich gemacht sei, so wäre die gefordeerte Einwikung erklärt.
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Grundlage des Naturrechts nach Prinzipien der Wissenschaftslehre,
SW Bd. III, S. 61f.

 

Nota. - Noch so eine Pedanterie? Nein. Es wird gezeigt, dass körperlicher Zwang nicht den freien Willen auf- hebt, sondern den Leib daran hindert, dem Willen zu folgen. Der Leib kann allerdings nicht gezwungen werden, etwas anderes zu tun, als indem der Willen gebeugt wurde.
JE






Nota.
Das obige Foto gehört mir nicht, ich habe es im Internet gefunden. Wenn Sie der Eigentümer sind und seine Verwendung an dieser Stelle nicht wünschen, bitte ich um Nachricht auf diesem Blog. JE 

Sonntag, 21. Oktober 2018

Das Vernunftwesen ist ein Körper, der durch Freiheit bestimmbar ist.


Dieses Vernunftwesen ist Körper, weil es als wirksam erscheint, sein Körper ist bestimmbar durch Freiheit; so fällt er mir aus, weil ich angenommen habe, es sei ein freies Wesen. Er ist modifizierbar ins Unendliche. 

Nun ist Materie nur durch Teilung und Bewegung modifizierbar, hierin müsste also eine Modifikabilität ins Un- endliche bestehen. Es müsste selber darin bestehen, dass es von der Freiheit abhinge, was als Teil und was als Ganzes betrachtet werden sollte; dass jedem Teile eine eigne und eine mit dem Ganzen gesetzte Bewegung zu- gehöre; dass er artikuliert sei. Dies findet sich in der Erfahrung, von dieser Eigenschaft hängt alle Wirksamkeit in der Sinnenwelt ab.
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Wissenschaftslehre nova methodo, Hamburg 1982, S. 235


Nota. - Nur weil und insofern das Vernunftwesen Körper ist, hat es Kausalität - nämlich reale Wirksamkeit. Der lebendige Mensch ist ein Ganzes, sofern er als ein Ganzes handelt. Real ist sein jeweiliger Zustand. Der ist kör- perlich-sinnlich und geistig-ideal in Einem; er ist seiner "bewusst". Alle Unterscheidung daran ist Reflexions- produkt. Die Reflexion ist, anders als das Gefühl, frei. Sie scheidet Leib und Bewusstsein voneinander ebenso wie die artkulierten Teile des Leibes, und betrachtet sie jeweils als eins, nämlich ein Ganzes. Sie ist es zugleich, die das Wollen zu einem Zweckbegriff bestimmt, der in der Tätigkeit des artikulierten Leibes Kausalität ge- winnt.

Es ist bei Fichte durchaus nicht so, dass 'der Leib' ein Werkzeug 'des Geistes' sei. Metaphysische Spekulationen sind ihm völlig fremd. Die Wissenschaftslehre will erklären, was vor ihren Augen geschieht, und keine verbor- gene Wahrheiten erschauen. Der Leib steht als Gefühl am Eingang des Bewusstseins, und er schließt es mit dem zweckhaften Handeln ab; einstweilen, bis zur unvermeidlichen nächsten Tat. Das Übergehen vom einen zum andern ist ein fortschreitendes sich-selbst-Bestimmen. Es ist Vermittlung, und als vollständige Vermittlung ist auch das empirische Ich ein Ganzes.
JE


 





Samstag, 13. Mai 2017

[Deduktion des Leibes.]


nach Leonardo
 
Nun findet das Vernunftwesen diesen Leib, und diese bestimmte Begrenztheit gehört zum Vernunftwesen und besonders zu seinem Leib. Diese Begrenztheit ist etwas unabhängig vom Willen des Wesens unabhängig Vor- handenes. Er [sic] ist ein beschränkter Teil der Sinnenwelt. Auch seine Begrenztheit muss also von dem Willen unabhängig vorhanden sein. Die Grenze desselben ist sonach auch Natur und durch sie gesetzt. Er ist, mit an- dern Worten, Naturprodukt.

Folglich: Die Natur produziert durch sich selbst, das ist durch mechanische Gesetzmäßigkeit (denn an Freiheit durch Willen und Begriff ist hier nicht zu denken), reelle Ganze. Also solche, die an sich Ganze sind, durch ein notwendiges Denken, nicht etwa lediglich in unserer Freiheit des Denkens. (Durch Freiheit der Abstraktion kann ich alles trennen, dann habe ich aber nur ein eingebildetes Ganze[s], wie in allen abstrakten Begriffen.) Jene[s] reale Ganze muss ich notwendig so zusammensetzen. 

Ferner ist bekannt der Begriff der Organisation, auf diesen kommen wir jetzt. 

Unsre Deduktion geht [von] oben herab. Wir gingen aus von dem höchsten Idealen, von der Aufgabe, sich selbst zu beschränken. Diese Aufgabe haben wir versinnlicht in dem Phänomen einer gleichfalls in uns selbst liegenden Aufforderung. Wir haben nach dem Gesetz der Substantialität zu dem Bestimmten der Aufforderung ein bestimmbares* Aufforderndes hinzugesetzt, wir haben letzteres verwandelt in eine Wahrnehmung, in einen Körper in der Sinnenwelt, durch diese [sic] soll eine freie Handlung möglich sein. Er muss artikuliert sein, aus der Artikulation folgt die Organisation und wird an Obige[s] angeknüpft, denn die Artikultion kann, da der Leib ein bloß Gefundenes - Natur - ist, nichts anderes sein als Produkt eines bloßen Naturgesetzes. Und wir erhielten eine Natur, welche reelle[s] Ganzes[s] eines artikulierten Leibes bildet, welches die Organisation ist. - 

*) [bestimmendes?] 
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Wissenschaftslehre nova methodo, Hamburg 1982, S. 236



Nota. - Das 'höchste Ideale' ist nicht die Tathandlung, das sich-selbt-Setzen des Ich, indem es ein Nichtich setzt: das ist das elementar Ideale; sondern ist die Aufgabe für das sich-selbst-gesetzt-habende Ich, sich zu begrenzen. Ohne diese käme keine sinnliche Welt alias Natur und schon gar keine ideelle, kein Reich des Intelligiblen, keine 'Reihe vernünftiger Wesen außer mir' zustande. Zu dieser Aufgabe wurde zunächst aufgestiegen; konstruktiv, spekulativ. Im zweiten Gang - Abstieg - wird dazu das sinnliche Material aufgesucht.

Dies ist nicht der Gang der wirklichen Vorstellung: 'gemeines Bewusstsein'. Das ist der Gang, in dem die Wis- senschaftslehre das gemeine Bewusstsein rekonstruiert und auf seine Vernünftigkeit prüft!

JE





 

Mittwoch, 1. Mai 2019

Was heißt denn verstehen oder begreifen?

 
d. Mein Leib muss der Person außer mir sichtbar sein, ihr durch das Medium des Lichts erscheinen und erschie- nen sein, so gewiss sie auf mich wirkt: wodurch der erste und mindeste Teil unserer Frage beantwortet wäre. Nun soll, nach der notwendigen Voraussetzung, diese Erscheinung so sein, dass sie schlechterdings nicht zu verste- hen und zu begreifen ist, außer durch die Voraussetzung, ich sei ein vernünftiges Wesen; dass sonach dem an- deren angemutet werden könne: So wie du diese Gestalt erblicktest, musstest du / sie notwendig für die Reprä- sentation eines vernünftigen Wesens in der Sinnenwelt halten, wenn du selbst ein vernünftiges Wesen bist. -

Wie ist dies möglich?

Zuvörderst - was heißt denn verstehen oder begreifen? Es heißt festsetzen, bestimmen, begrenzen. Ich habe eine Erschei- nung begriffen, wenn ich ein vollständiges Ganzes der Erkenntnis dadurch erhalten habe, das allen Teilen nach in sich begründet ist; wenn jedes durch alles und alles durch jedes einzelne begründet oder erklärt wird. Daurch erst ist es vollendet oder begrenzt. -  

Ich habe nicht begriffen, wenn ich noch im Erklären bin, wenn mein Dafürhalten noch ein Schweben, und also noch nicht befestigt ist; wenn ich noch von einen meiner Erkenntnis zu anderen Teilen fortgetrieben werde. (Ich habe A, welches ein zufälliges sein soll, nicht begriffen, wenn ich nicht eine Ursache dafür und, da dem A eine bestimmte Art der Zufälligkeit zukommnen muss, eine bestimmte Ursache dazu gedacht habe.) Ich kann eine Erscheinung nicht verstehen außer auf eine gewisse Art, heißt daher: Ich werde von den einzelnen Teilen der Erscheinung immer fortgetrieben bis zu einem gewissen Punkt; und erst bei diesem kann ich mein Aufsam- meln ordnen und das Aufgesammelte in ein Ganzes der Erkenntnis zusammenfassen.

Ich kann die Erscheinung eines menschlichen Leibes nicht begreifen außer durch die Annahme, dass er der Leib eines vernünftigen Wesens sei, heißt daher: Ich kann bei Aufsammlung der Teile seiner Erscheinung nicht eher stille stehen, bis ich auf den Punkt gekommen bin, dass ich ihn als den Leib eines venünftigen Wesens den- ken muss.

Ich will diesen genetischen Beweis strenge führen, d. i. ich will die Hauptmomente desselben angeben. Ausführ- lich kann er hier nicht dargestellt werden. Er allein bildet eine eigene Wissenschaft, die Anthropologie.
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Grundlage des Naturrechts nach Prinzipien der Wissenschaftslehre,
SW Bd. III, S. 76f.
 



Nota. - Im Gefühl - in den Meldungen, die mir meine Sinneszellen machen - sammle ich ohnehin immer nur Mannigfaltiges; 'Teile' - von was? Von einem mutmaßlichen Ganzen, aber ob sie das sind, liegt nicht an ihnen selbst, sondern an der Vorstellung, die ich mir von diesem 'Ganzen' selbst gemacht habe, landläufig: vom Begriff. Ein Ganzes ist ein solches nicht an sich, sondern im Hinblick auf das, was ich mit ihm anzufangen können den- ke; nicht einmal 'will'; denn ob ich es will, muss ich erst noch entscheiden. Die Ganzheit liegt im Zweckbegriff.

So weit, so gut. Das haben wir uns denken können, bevor wie aus der Transzendentalphilosophie zur Rechts- philosophie übergegangen sind. Die Frage ist nicht, ob wir aus den Bildern einzelner Körperteile - Arme, Bei- ne, Rumpf und Kopf - die Gestalt eines vernünftigen Wesens zusammensetzen können; sondern - ob wir der Begriff eines vernünftigen Wesens haben. Und den haben wir spätestens, seit er uns bis zum Rechtsbegriff geführt hat.

Man kann es drehen und wenden, wie man will: Der springende Punkt ist, ab welchem 'Punkt' - logisch? histo- risch? - wir die Reihe vernünftiger Wesen nicht mehr nur als transzendentale Bedingung, sondern als faktisch gegeben annehmen können. Dann ist das Vernunftwesen apriori deduziert - und muss nicht von jedem Einzelnen aposteriori rekonstruiert werden. Aber ich fürchte, ich wiederhole mich. F. hat sich davor nicht geürchtet.
JE

Samstag, 30. März 2019

In Raum und Zeit ist das Vernunftwesen ein mit Willen begabter Leib.

 
III. Diese Sphäre ist ein Bestimmtes; also das Produzieren hat irgendwo seine Grenzen, und das Produkt wird als ein vollendetes Ganzes im Verstande, dem Vermögen des Festhaltens, aufgefasst und erst eigentlich dadurch ge- setzt (fixiert und gehalten). Die Person wird durch dieses Produkt bestimmt nur, inwiefern jenes Produkt dassel- be bleibt, und hört auf, es zu sein, wenn jenes aufhört. Nun aber muss nach Obigem die Person, so gewiss sie sich als frei setzt, sich auch als fortdauernd setzen. Sie setzt also auch das Produkt als fortdauernd Dasselbe; als ruhend, festgesetzt und unveränderlich, als ein mit einem Male vollendetes Ganzes. 

Aber ruhende und einmals für immer bestimmte Ausdehnung ist / Ausdehnung im Raume. Jene Sphäre wird so- nach gesetzt als ein im Raum ausgedehnter und seinen Raum erfüllender beschränkter Körper, und in der Ana- lyse, deren Bewusstsein uns allein möglich ist (da die geschilderte Synthesis oder Produktion nur für die Mög- lichkeit der Analyse, und durch sie für die Möglichkeit des Bewusstseins vorausgesetzt wird), notwendig als ein solches gefunden.
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Grundlage des Naturrechts nach Prinzipien der Wissenschaftslehre,
SW Bd. III, S. 58f.  



Nota. - Zunächst: Das ominöse setzen ist entschlüsselt als festhalten, auffassen und fixieren - nämlich im Verstand.

Wir sind aus der Transzendentalphilosophie übergetreten ins reelle Recht. Hier ist die Rede nicht mehr von 'dem Ich' als Noumenon, als absolutem Subjekt der Vernunft, sondern von wirklichen Mensch aus Fleisch und Blut, denen Vernünftigkeit als ihre Bestimmung angemutet wird - als ihre Bestimmung nämlich in dem Bereich, wo sie mit Menschen ihresgleichen wirklich in Verkehr treten - 'wechsel wirken'. In der Wirklichkeit ist das Ich alias das Ver- nunftwesen nichts anderes als ein Leib, der von einem freien Willen bewegt wird.
JE 





Nota.
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Freitag, 12. Mai 2017

Der Körper und die Natur.



Ferner: Dieser Körper wird der Freiheit vorausgesetzt, denn er ist ja das Bestimmbare zur Freiheit, welches im Bewusstsein in der Reihe des Denkens immer vorausgeht; eben dadurch wird er zu einem Gefundenen, Gege- benen, zu einem eigentlichen Objekte. So wie das Subjekt handelt, ist dieser Körper da; er ist daher Natur und insbesondere Naturprodukt.

Letzteres bedarf einer Erklärung und eines Beweises: Die Natur ist nach dem Obigen Noumen in einer gewis- sen Rücksicht, und das ist alle Natur, sie ist durch sich selbst gesetzt, sie ist, was sie ist, weil sie es einmal ist, und nur insofern ist sie Natur zu nennen. Man könnte sagen, wie Spinoza sagt: natura naturans, welches sie ist, so gewiss sie Natur ist, bestehend, weil sie besteht. Nur inwiefern sie durch sich selber ist, heißt sie so. Der artikulierte Leib ist Natur, er ist also auf diesem Gesichtspunkt, dem gemeinen Gesichtspunkt, allem Bewusst- sein vorausgesetzt, er ist Teil der Natur, denn außer ihm ist der meinige ja auch da, und Objekte auch, nach dem Obigen.

Dieser Körper ist Natur, Teil der Natur, ist ferner ein bestimmter Teil der Natur, und zwar ein durch sich selber bestimmter besonderer Teil; an Letzterem hängt der Beweis. (Von der Artikulation aus soll etwas in der Natur bewiesen werden,) er ist derjenige Teil der Körperwelt, der durch den bloßen Willen des Vernunftweesens in Bewegung gesetzt wird. Aber er geht nur bis zu einer gewissen Grenze im Raume, von welcher Grenze aus auch durch bloßen Willen nichts ausgerichtet //236// werden kann, weil das Vernunftwesen ein endliches sein soll.
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Wissenschaftslehre nova methodo, Hamburg 1982, S. 235f.  



Nota. - Die Natur in specie: als das, was das, was es ist, durch sich selbst ist, kommt in der Wissenschaftslehre erst am Schluss vor. Das brachte sie in Gegensatz zum damals gerade anhebenden obskurantistisch-selbstge- fälligen Zeitgeist und hat ihr sicher mehr geschadet als der Atheismusstreit. Auch in den vergangenen dreißig Jahren hat ein solcher geherrscht, ab damit scheint es zu Ende zu gehen. Sollte eine kritische und rationelle Geisteshaltung an ihre Stelle treten, könnte die Transzendentalphilosophie einmal Allgemeingut werden.
JE


Samstag, 30. März 2019

Der Wille wirkt im und durch den Körper.



IV. Der abgeleitete materielle Körper ist gesetzt als Umfang aller möglichen freien Handlungen der Person, und nichts weiter. Darin allein besteht sein Wesen.

Die Person ist frei heißt nach Obigem: sie wird lediglich durch das Entwerfen eines Begriffs von Zwecke, ohne weeteres, Ursache eines genau diesem Begriffe entsprechenden Objekts; sie wird bloß und lediglich durch ihren Willen als solchen Ursache: denn einen Begriff vom Zweck entwerfen heißt Wollen. Aber der beschriebene Körper soll ihre freien Handlungen enthalten; in ihm also müsste sie auf die beschriebene Weise Ursache sein. Unmittelbar durch ihren Willen, ohne irgend ein anders Mittel, müsste sie in ihm das Gewollte hervorbringen; wie sie etwas wollte, müsste es in ihm geschehen.

Ferner - da der beschriebene Körper nichts weiter ist als die Sphäre der freien Handlungen, so ist durch seinen Begriff der Begriff der letzteren [und] durch den Begriff der letzteren der seinige erschöpft. Die Person kann nicht absolut freie, d. h. unmittelbar durch den Willen wirkende Ursache sein, außer in ihm. Wenn ein bestimm- tes Wollen gegeben ist, so lässt sich sicher auf eine ihm entsprechende Veränderung im Körper schließen. Um- gekehrt kann in ihm keine Bestimmung vorkommen, außer zufolge einer Wirksamkeit der Person; und aus einer gegebenen Veränderung in ihm lässt sich ebenso sicher auf einen bestimmten und demselben entspre- chenden Begriff der Person schließen. - Der letztere Satz wird erst in der Zujunft seine gehörige Bestimmtheit und seine volle Bedeutung erhalten.
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Grundlage des Naturrechts nach Prinzipien der Wissenschaftslehre,
SW Bd. III, S. 59  



Nota. - Fichte redet, und an gegebener Stelle hat er es ausgesprochen, vom artikulierten Teil des Körpers; dem, der dem Willen untersteht.

Und es wird klar: Die 'Sphäre der Freiheit', die das eine Vernunftwesen dem andern zuspricht, indem er es als ein solches anerkennt, ist zuerst einmal dessen eigner Leib. Das ist so selbstverständlich nicht, wie es dem heu- tigen Leser vorkommt, doch solange Leibeigenschaft, und sei es in der gemilderten Form der Erbuntertänig- keit, bestand, musste es 'deduziert' werden. Und in systematischer Hinsicht ist es noch immer nicht überflüssig.
JE




Nota.
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Donnerstag, 29. Juni 2017

Inhaltsangabe der WL nova methodo.

Dennis Skley

Fichte hat seinen mündlichen Vortrag der Wissenschaftslehre nova methodo in Paragraphen unterteilt, deren inhaltliche Zusammenfassung er seinen Hörern jeweils am Schluss in die Feder diktierte. K. Chr. Fr. Krause hat zu seinem persönlichen Gebrauch als Dozent diese Zusammen- fassung später gesondert zusammengestellt.

Die Versuchung für eilige Studenten, die mühsame Arbeit durch den Text durch Überfliegen der Zusammenfassungen zu ersparen, ist klein, denn außerhalb des Textzusammenhangs sind sie ganz unverständlich. Größer wäre schon die Versuchung, einzelne 'Stellen' gegen andere Stellen in den ausgearbeiteten Fassungen auszuspielen. Da aber Fichte nicht müde wird zu wiederholen, seine Sätze seien ohnehin stets nur aus dem Zusammenhang zu verstehen, und auf eine feste Terminologie bewusst verzichtet hat, kann das nicht weit führen. 

Die vorliegenden Zusammenfassungen haben den Zweck, aus dem Dickicht dialektischer Spitz- findigkeiten immer wieder den roten Faden herauszuheben; und das ist nicht überflüssig.
JE


§ 1.

(Diktiert, 1798) Alles Bewusstsein ist begleitet von einem unmittelbaren Selbstbewusstsein, genannt intellektuelle Anschauung, und nur in Voraussetzung dessen denkt man. Das Bewusstsein aber ist Tätigkeit, und das Selbstbewusstsein insbesondere in sich zurückgehende Tätigkeit der Intelligenz, oder reine Reflexion.

Alles zufolge angestellter Selbstbeobachtung. Diese reine Reflexion als Begriff angesehen wird gedacht durch ich. Ich setze mich sonach schlechthin durch mich selbst, und durch dieses Selbstsetzen ist alles andere Bewusstsein bedingt.

In diesem Collegio wird experimentiert, das heißt, die Vernunft wird gezwungen, auf gewisse planmäßige Fragen zu // antworten, die Resultate unserer Experimente fassen wir dann in Begriffe zum Behuf der Wissenschaft und des Gedächtnisses.  S. 34//35

§ 2.

(diktiert 1798) Jene Tätigkeit der Reflexion als solche, durch welche die Intelligenz sich selbst setzt, wird, wenn sie angeschaut wird, angeschaut als eine sich bestimmende Agilität, und diese wird angeschaut als ein Übergehen aus dem Zustande der Ruhe und Unbestimmtheit, die jedoch bestimmbar ist, zu dem der Bestimmtheit. Diese Bestimmbarkeit erscheint hier als das Vermögen, Ich oder NichtIch zu denken, und es werden sonach in dem Begriffe der ersten die beiden letzten Begriffe notwendig mitgedacht und einander gegenüber gesetzt. Beide Begriffe erscheinen sonach bei Erregung der selbsttätigen Reflexion als etwas unabhängig von derselben Vorhandenes, und der Charakter des NichIch ist das Sein, eine Negation.

§ 2. Man werde ferner finden, wird behauptet, dass man sich im Entwerfen des Begriffs vom Ich nicht tätig setzen könne, ohne diese Tätigkeit als eine durch sich selbst bestimmte, und diese nicht ohne ein Übergehen von der Unbestimmtheit oder Bestimmbarkeit zu setzen, welches Übergehen eben die bemerkte Tätigkeit ist ( N. 1 et 2 supra). Den durch die bestimmte Tätigkeit entstandenen Begriff könne man gleichfalls nicht fassen, ohne ihn durch ein entgegengesetztes NichIch zu bestimmen, das Bestimmbare sei dasselbe, was oben das Ruhende war (§1), weil es eben zur Tätigkeit bestimmt wird, und das, was in Beziehung auf die Anschauung des Ich Begriff desselben sei, sei [in Beziehung] auf das NichtIch Anschauung. //44// Es sei nämlich Begriff des Anschauens (N. 4). Dem NichtIch komme zu Folge der Entgegensetzung zu der Charakter der Negation der Tätigkeit, das ist der des Seins, welcher der Begriff aufgehobener Tätigkeit, sonach nicht ein irgend ursprünglicher, sondern ein von der Tätigkeit abgeleiteter und negativer sei. S. 43//44

Man werde finden, dass dieses Übergehen (§ 2) seinen Grund habe schlechthin in sich selbst. Die Handlung dieses Übergehens heißt daher reale Tätigkeit, die der idealen, welche die erste bloß nachbildet, entgegengesetzt, und dadurch das Ich überhaupt in diese beide Arten derselben eingeteilt wird. Nach dem Grundsatze der Bestimmbarkeit ist ein reales Handeln nicht zu setzen ohne ein reales oder praktisches Vermögen. Reale und ideale Tätigkeit sind durch einander bedingt und bestimmt, eine ist nicht ohne die andere, und was die erste sei, lässt sich nicht begreifen ohne die andere. 

In diesem Akte der Freiheit wird das Ich sich selbst Objekt. Es entsteht ein wirkliches Bewusstsein, an dessen ersten Punkt von nun an alles angeknüpft werden muss, was überhaupt Objekt desselben sein soll. Die Freiheit ist sonach der höchste Grund und die erste Bedingung alles Seins und alles Bewusstseins. S. 51

Die Selbstbestimmung durch Freiheit ist nur als Bestimmung zu etwas anschaubar, von welchem das sich selbst Bestimmende oder Praktische einen Begriff habe, der der Begriff vom Zweck heißt. Sonach werde dem Anschauenden das Subjekt des praktischen Vermögens zugleich zu einem Vermögen der Begriffe, so wie umgekehrt das Subjekt des Begriffs oder die Intelligenz notwendig praktisch sein muss. Beides, praktisches Vermögen und Intelligenz, ist unzertrennlich. Eins lässt sich ohne das andere nicht denken. Die Identität beider ist sonach der Charakter des Ich. S. 55

Das Bestimmbare wird der Anschauung zu einem ins Unendliche teilbaren Mannigfaltigen, weil es Objekt einer freien Wahl für die absolute Freiheit sein soll; dem Bestimmten als einem Teile desselben muss dasselbe zukommen, und darin  sind sie beide gleich. Unterschieden sind sie darin, dass in dem ersten eine bloß als möglich, das ist, durch die zwischen Entgegengesetzten schwebende Intelligenz gesetzte, in dem zweiten eine durch die an eine bestimmte Folge des Mannigfaltigen geknüpfte Intelligenz gesetzte Handlung angeschaut wird. Handlung ist Tätigkeit, der unaufhörlich widerstanden wird, und nur diese Synthesis des Widerstandes ist es, durch die eine Tätigkeit anschaubar ist. S. 63
 
Eine freie Handlung ist (§4) nur möglich nach einem frei entworfenen Begriff von ihr, sonach müsste die freie Intelligenz vor aller Handlung vorher eine Kenntnis von den Handlungsmöglichkeiten haben. Eine solche Kenntnis lässt sich nur dadurch erklären, dass dem Ich vor aller Handlung vorher ein Trieb beiwohne, in welchem eben darum, weil er nur // Trieb ist, die innere Tätigkeit desselben beschränkt sei. 

Da dem Ich nicht zukommt, als was es sich nicht setze, so muss es diese Beschränkung setzen, und so etwas nennt man ein Gefühl. Da durch die Freiheit gewählt werden soll, muss es ein Mannigfaltiges von Gefühlen geben, welches nur durch seine Beziehung auf das gleichfalls notwendige ursprünglich vorhandene System der Gefühle überhaupt unterscheidbar sein kann.

 

Confer compendium.

Als das Höchste und Erste im Menschen wird sowohl in der alten* als neuen** Bearbeitung das Streben oder der Trieb angenommen.

Gegenwärtig wird vom unmittelbaren Objekte des Bewusstseins, von der Freiheit, ausgegangen und die Bedingungen derselben aufgesucht. Die freie Handlung ist das Wesentlichste unsrer Untersuchung. In der ehemaligen Behandlung wurde die freie Handlung, das Streben und der Trieb nur gebraucht als Erklärungsgrund der Vorstellungen und der Intelligenz, welches dort der Hauptzweck der Untersuchung war. In der gegenwärtigen Behandlung ist das Praktische unmittelbar Objekt, und aus ihm wird das Theoretische abgeleitet, so wie ferner in ihr mehr der Gang der Synthesis, in jener aber mehr der Gang der Analysis herrscht.

Ideales und Reales liegt nebeneinander und bleiben immer abgesondert. Im Buche* ist zuförderst das erste bestimmt und das zweite von ihm abgeleitet. Hier** wird umgekehrt mit dem Praktischen angefangen und dies wird abgesondert, so lange es abgesondert ist und nicht mit dem Theoretischen in Beziehung steht. Sobald aber beide zusammenfallen, werden sie beide miteinander abgehandelt. Somit fällt die im Buche in den theoreti-schen und den praktischen Teil gemachte Einteilung hier weg. 

In beiden Darstellungen wird ausgegangen von einer Wechselbestimmuung des Ich und NichtIch. 
S. 72//73


Mit dem Gefühle ist eine Anschauung notwendig verbunden, denn das Gefühl ist Begrenztheit; aber eine Begrenztheit ist nichts ohne Gegensatz der Tätigkeit; aber dasjenige im Ich, was notwendige Tätigkeit bleibt, ist sein ideales Vermögen. Der Vereinigungspunkt des Gefühls und der Anschauung ist der, dass das Ich sich, indem es in realer Rücksicht sich begrenzt fühlt, sich in idealer anschauend fühlt. 
 
In wiefern die Anschauung auf die Begrenztheit geht - welche Begrenztheit dadurch, dass die Anschauung auf sie geht, bloßes Objekt ohne alle Beziehung auf ein Subjekt wird -, wird sie gefühlt als gebunden in der Darstellung des Objekts; aber ein solches Gefühl ist nicht möglich ohne ein entgegengesetztes der Freiheit. Die Anschauung wird sonach auch in anderer Rücksicht als frei gefühlt und ist in sofern Anschauung des Ideals. S. 87
 

Mit der Anschauung des NichtIch ist die Anschauung des Ich notwendig verknüpft, und die erstere wird nur durch die letztere eine Anschauung. Um aber diese letztere zu erklären, muss eine Veränderung des Zustands des Gefühls oder eine Begrenzung der Begrenztheit angenommen werden, durch welche das Ich in der ersten Anschauung (des NichtIch) selbst begrenzt werde; [und dass?] aus ihr das Gefühl dieser besonderen Beschränkung der idealen Tätigkeit, und aus ihr eine Anschauung derselben entstehe.

Der Vereinigungspunkt beider Anschauungen ist der: dass reine Gebundenheit in der ersten Anschauung gesetzt werden kann, ohne dass ihr Freiheit entgegengesetzt werde. Alle Freiheit kommt aber dem Ich zu, und lediglich dadurch wird die letztere Anschauung [zur] An-//schauung des Ich. Eine Anschauung aber mit Bewusstsein des Anschauenden heißt Begriff. Sonach entsteht durch die postulierte Veränderung im System der Gefühle der Begriff des Ich und des NichtIch. S. 100//101
 

Der Inhalt der gesamten Wissenschaftslehre lässt sich kurz in folgenden Worten vortragen: 

Dass ich mir überhaupt etwas bewusst werden kann, davon liegt der Grund in mir, nicht in den Dingen. Ich bin mir Etwas bewusst; das einzige Unmittelbare, dessen ich mir bewusst bin, bin ich selbst; alles andre macht die Bedingungen meines Selbstbewusstseins aus. Vermittelst des Selbstbewusstseins mache ich mir die Welt bewusst. - 

Ich bin mir Objekt des Bewusstseins nur im Handeln. Wie ist die Erfahrung möglich? heißt: Wie kann ich mir meines Handelns bewusst werden? Auf die Beantwortung dieser Frage geht alles aus, und wenn sie beantwortet ist, so ist unser System geschlossen.

Bis jetzt haben wir dies gefunden: Ich muss, wenn ich mich als handelnd setzen soll, mir irgend eines Zweckbegriffs bewusst werden. Mit der Beantwortung der Frage: Wie ist ein Zweckbegriff möglich? beschäftigen wir uns noch. Bisher haben wir gesehen, wie ein Begriff überhaupt möglich sei. Eigentlich ist von allem, was wir bisher aufgestellt haben, nichts ganz möglich, bis wir zu Ende sind, denn wir haben noch immer Bedingungen der Möglichkeit aufzustellen. Die Möglichkeit des Einzelnen lässt sich nur aufzeigen, wenn die Möglichkeit des Ganzen dargetan ist. 
 
Die Möglichkeit des Begriffs wurde nur gezeigt unter ge-//wissen Voraussetzungen, die wir stillschweigend machen mussten und konnten.

Wir sind so verfahren: Ich bin ursprünglich praktisch beschränkt; daraus entsteht ein Gefühl; ich bin aber nicht bloß praktisch, sondern auch ideal. Die ideale Tätigkeit ist nicht beschränkt, folglich bleibt Anschauung übrig. Gefühl und Anschauung sind miteinander verknüpft. Im Gefühle muss eine Veränderung stattfinden, dies ist Bedingung des Bewusstseins. Ich bin in der Beschränktheit beschränkt, werde also auch in der Anschauung Y beschränkt. Aus jeder Beschränkung entsteht ein Gefühl, mithin müsste auch hier ein Gefühl entstehen, das Gefühl des Denkzwangs, und mit diesem [die] Anschauung meiner selbst. Eine Anschauung, in der das An-schauende selbst gesetzt wird, die auf das Anschauende bezogen wird, heißt ein Begriff vom Dinge, hier von Y. S. 101/102
 

Das Begreifen ist eine freie und als frei gesetzte Reflexion auf die vorher gesetzte Anschauung (Y). Aber die Freiheit der Reflexion auf sie kann nicht gesetzt werden, außer in wiefern sie überhaupt erst gesetzt ist. 

Wir erhalten somit eine doppelte Ansicht der Reflexion und mit ihr des Gegenstandes (die doppelte Ansicht der Reflexion nämlich ist für den Philosophen, die des Gegenstandes für das Ich). Einmal die Reflexion als solche, ohne dass über sie reflektiert weden, und dies gibt das ohne Zutun des Ich vorhandne Ding, einmal die Reflexion als eine Bestimmung der Freiheit und selbst reflextiert, und dies gibt die Vorstellung des Dinges. S. 107


§ 10. A.

Das Begreifen wird als frei gesetz heißt: Die Intelligenz setzt als geschehen könnend oder auch nicht, und zwar eine gewisses // Handeln überhaupt (denn außerdem würde gar nichts gesetzt). Es wird sonach das Handeln überhaupt gesetzt; gesetzt, dass es geschehen könne oder nicht, welches letztere nicht möglich ist, ohne dass das erste überhaupt gesetzt sei. 

Sonach ist dieses Handeln überhaupt nicht für die Intelligenz außer als ein freies, ohne dass es überhaupt für sie sei. Aber das Ich schaut sein bloßes Handeln als ein solches an, als ein Linienziehen, sonach das unbestimmte Vermögen dazu als den Raum. S. 110//11

§ 10.B

Da das Setzen des Objekts und das Setzen des Handelns im Ich notwendig vereinigt sind, so muss auch das erstere (Objekt) und das Schema des letzteren notwendig vereinigt sein. Aber Vereinigung des Objekts mit dem Raume ist Erfüllung desselben, alles Objekt wird sonach notwendig raumerfüllend, materiell. 

Die Freiheit der Intelligenz besteht (äußert sich) in der Synthesis eines durch Gefühlsprädikate bestimmten Objekts mit einem durch absolute Spontaneität bestimmten Ortes im Raum, und dadurch wird der Raum ein stetiger und er sowohl als die Materie teilbar ins Unendliche. Die Bestimmtheit derselben (Intelligenz), ohne welche die erstere (Freiheit) und ohne welche die erstere nicht möglich ist, besteht darin, dass das Objekt in einem Raum überhaupt gesetzt und der Raum mit Materie überhaupt angefüllt sein muss. Kein Raum ohne Materie et vice versa.

Dadurch ist Notwendigkeit, aber dass dieses Objekt nicht gerade in // diesem Raume sei und dieser Raum nicht gerade zu diesem Objekt gehöre, ist Freiheit. S. 115//116


Jedes Objekt erhält seinen Ort im Raume in Beziehung auf das Vorstellende, und außer dieser Beziehung ist keine Ortsbestimmung möglich. Aber das, wodurch ein andres im Raume bestimmt werden soll, muss selbst in ihm sein. Das Vernunftwesen setzt sonach sich selbst in den Raum als praktisch strebendes Wesen.

Diese neuerlich gefühlte und bei dem notwendig mit dem Gefühle vereinigten Anschauen des Objekts in die Form der Anschauung aufgenommene Streben ist der ursprüngliche und unmittelbare Maßstab für alle Ortsbestimmung. Es ist nicht möglich, etwas in den Raum zu setzen, ohne sich selbst darinnen zu finden, außer indem man Objekt darin setzt. S. 122

Unser Streben oder unser praktisches Handeln ist nach dem vorigen Paragraphen der Maßstab aller Raumbestimmung. Innere oder reine Kraft ist die unmittelbar und also intellektuell angeschaute Wirksamkeit des Wollens, durch welche das ganze freie Vermögen des Ich sich auf einen Punkt richtet. Äußere oder physische Kraft ist eben diese Energie, von der sinnlichen Anschauung durch eine Zeitreihe ausgedehnt, in welcher das Mannigfaltige des durch Kausalität des // Wollens bestimmten Gefühlsvermögens in das Verhältnis der Dependenz gebracht wird, durch welches Verhältnis allein es in die Einheit des Bewussseins aufgenommen werden kann; aber eine solche physische Kraft kann nur in einer realen Wirksankeit gesetzt werden, folglich ist die Ortsbestimmung der Dinge und daher das Bewusstsein selber nur zufolge einer reellen Wirksamkeit möglich. S. 134//135

Reelle Wirksamkeit ist nur möglich nach einem Zweckbegriffe und ein Zweckbegriff nur unter der Bedingung einer Erkenntnis, und diese [ist] nur unter der Bedingung einer reellen Wirksamkeit möglich; und das Bewusstsein würde durch einen Zirkel, und also gar nicht erklärt. 

Es muss daher etwas geben, das Objekt der Erkenntnis und der Wirksamkeit zugleich sei. Alle diese Merkmale sind nur in einem allem empirischen Wollen und aller empirischen Erkenntnis vorauszusetzenden reinen Willen vereinigt. Dieser reine Wille ist etwas bloß Intelligibles, wird aber, inwiefern er sich durch ein Gefühl des Sollens äußert und zufolge dessen gedacht wird, aufgenommen in die Form des Denkens überhaupt als ein Bestimmtes im Gegensatz eines Bestimmbaren, dadurch werde ich das Subjekt dieses Willens, ein Individuum, und als Bestimmbares dazu wird mir ein Reich vernünftiger Wesen.

Aus diesem reinen Begrifffe lässt sich ableiten und muss abgeleitet werden das gesamte Bewusstsein.
S. 150



Der reine Wille ist unmittelbares Objekt alles Bewusstseins und aller Reflexion (§ 13); aber die Reflexion ist diskursiv; er, der reine Wille, müsste sonach ein Mannigfaltiges sein. Dies ist er ursprünglich nicht, sondern wird es erst durch Beziehung auf seine Beschränktheit, wodurch er Wille wird, in der Reflexion selbst, welche absolut frei ist, und deren Freiheit und ganzes Wesen überhaupt in dieser Beziehung besteht, teils dass sie überhaupt geschehe, teils dass sie so oder anders geschehe. Diese Reflexion erscheint als ein Wollen, in wiefern sie selbst bloß gedacht, und als ein Tun, in wiefern sie angeschaut wird. Und sie ist der Grund alles empirischen Bewusstseins.

Im einzelnen Akte derselben erblickt das Vernunftwesen sich in doppelter Rücksicht, teils als beschränkt, teils als handelnd in der Beschreibung der Beschränkung; das erste äußerlich, das letzte innerlich, und dadurch schreibt es sich zu ein Organ überhaupt, und dieses als innerliches und äußerliches. Die Beziehung der Beschränktheit auf die Reflexion ist das Gefühl. Das Beschränkende ist nur für die ideale Tätigkeit im Denken der realen, und so ist die unmittelbare Vereinigung der Erkenntnis des Objekts mit dem Willen erklärt. S. 165


Aber die Beschränktheit ist nicht Beschränktheit des Ich und ist nicht für das Ich, wenn nicht das Ich selbst sie zufügt. Sonach kann die ursprüngliche Beschränktheit des Willens nichts anderes bedeuten, als eine Aufgabe für das Ich, seinen Willen selbst zu beschränken, und die besondere Ankündigung dieser Aufgabe im empirischen Bewusstsein kann nichts anderes sein als ein Begriff, durch welchen eine bestimmte Selbstbeschränkung gefordert wird, durch dessen Auffassung erst Gefühl und Anschauung entsteht. Alles Bewusstsein geht sonach vom Denken eines lediglich Intelligiblen aus. S. 172
 
Diese Aufgabe, sich selbst zu beschränken, ist von einer anderen Seite angesehen Aufforderung zu einer freien Tätigkeit (da sie nicht erscheint als hervorgehend aus dem Individuo, sondern einer Vernunft außer uns); aber es ist keine Bestimmung durch uns selbst, wenn sie nicht durch ein wirkliches Wollen begleitet ist, es schließt sonach das Bewusstsein eines wirklichen Wollens an jene Wahrnehmung einer Aufforderung zur Freiheit sich an. 

Anmerkung: Die Hauptschwierigkeit war: Das Bewusstsein kann weder durch Wollen noch Erkennen allein angeknüpft werden, sondern von beiden; aber diese sind von einander unabhängig? - Allerdings hebt es von beiden an, nur ist die Erkenntnis, von der es anhebt - Aufforderung zur freien Tätigkeit -, Kenntnis davon, dass uns ein Zweck gegeben wird; an diese schließt sich in demselben Moment ein Wollen an. In diesem X ist Wol- len und Erkenntnis vereint. S. 178


Das Ich ist, wie bekannt, das durch sich selbst Tätige und durch diese Tätigkeit auf sich Wollende. Das Ich findet sich heißt offenbar, es findet sich tätig auf sich selbst. Dass das Ich sich wollend findet in dieser Tätigkeit auf sich selbst kommt daher, weil sein ursprünglich nicht weiter abzuleitendes, sondern für alle Erklärung voraus zu setzendes Wesen ein Wollen ist, jedes Objekt der freien Reflexion auf sich selbst sonach sein Wollen werden muss. -

Anmerkung. A. Wollen ist zuvörderst ein selbsttätiges Bestimmen, alles Bestimmen ist durch die Einbildungskraft vermittelt, es ist ein tätiges Bestimmen zu einem Zweckbegriffe. Sonach ist der ganze Begriff des Wollens sinnlich, alles Wollen ist Erscheinung, das reine Wollen wird bloß als Erklärungsgrund vorausgesetzt, es ist in unserer Vorstellung und Sprache nicht zu fassen; = absolute Selbstheit, Autonomie, Freiheit, alles ist gleich unbegreiflich. Die Freiheit lässt sich nur negativ beschreiben, durch: nicht bestimmt zu werden - abermals sinnlich.

Kurz, es ist das, was möglich macht, dass ich mich als selbsttätig, als Ich denken kann. Dieses ist das Materiale in allem Bewusstsein. Um das Formale zu erklären, muss man die Reflexion voraussetzen. Dies ist =X, das Absolute, das nur Grund ist, es liegt in demselben absolutes Subjektives und absolutes Objektives.

Jede Reflexion ist ein sich-Bestimmen, und dieses schaut das Reflektierende unmittelbar an; aber es schaut dasselbe an durch die Einbildungskraft hindurch, sonach als ein bloßes Vermögen der Selbstbestimmung, und durch dieses abstrakte Denken (als Vermögen) entsteht das Ich für sich selbst // als etwas, als ein rein Geistiges, lediglich Ideales, und wird seiner Tätigkeit des bloßen Denkens und Wollens als einer solchen sich bewusst. 

Nun ist aber diese Reflexion ein sich-Bestimmen, aber der oben beschriebene Akt der Einbildungskraft ist ein Akt des Ich und wird sonach bestimmt. Demnach wird in demselben ungeteilten Akte das reine Denken durch die Einbildungkraft versinnlicht und das durch die Einbildungskraft Versinnlichte durch das reine Denken bestimmt (Wechselwirkung des Anschauens und Denkens). Durch diese Bestimmung entsteht ein geschlossenes Vermögen des Ich als sinnliche Kraft und eine Bestimmtheit desselben (Begriff der Substantialität). Zu der Bestimmtheit dieser sinnlichen Kraft wird ein Objekt hinzugdacht und durch sie im Denken bestimmt (Begriff der Kausalität).

Populäre Wiederholung 

Das sich Bestimmende, sich selbst zu etwas Bestimmten Machende ist das Ich. 'Das Ich findet sich' heißt daher: Es findet dieses sich-selbst-Bestimmen, denn es ist nicht, wie der Dogmatiker sagt, so, dass die Begriffe in mir als etwas fertiges Erstes lägen. Und 'Dies ist der erste Begriff' heißt selbst: Er wird erzeugt aus einem Mannigfaltigen, welches dargelegt ist. Dass dies sich-Machen-zu-einem-Bestimmten gefunden werde, dazu gehört Vergleichung meines Seins (des Bestimmten) und meines Tuns (des Machens zu diesem Bestimmten).

Aber wie weiß ich, dass ich es tue? Dies dadurch, dass ich unmittelbar von meinem Tun weiß, und dass ich selbst das sei, weiß ich [dadurch], dass ich unmittelbar von diesem Sein weiß. Darauf bedarfs keiner weiteren Antwort; also bloß darauf, wie ich wisse, dass aus jenem meinem Tun dieses Sein folge; und die Lösung dieser Aufgabe wäre die Deduktion des Selbstbewusstseins und mit ihm alles anderen Bewusstseins. -

Tun und Sein sind ganz dasselbe, nur von verschiedenen Seiten angesehen. Diese doppelte Ansicht muss sein, wenn ein Ich sein soll, aus ihr geht erst das Ich hervor. Sieht das Ich sein reines Denken durch die Einbildungskraft hindurch, so entsteht ihm ein // Tun. Denkt es das wieder, was durch die Einbildungskraft dargestellt ist, so wird es zum Sein. Das reine Denken und Wollen macht also notwendig das Ich aus. Wie ein Ich gesetzt ist, ist es gesetzt; wie ein Ich gesetzt ist, ist ein Bewusstsein gessetzt wie das beschriebene.

- Das Ich ist kein einfacher Begriff, da es überhaupt keinen einfachen Begriff gibt; es ist zusammengesetzt auf die beschriebene Weise. S. 213//214//215

Da das Ich in dem Anschauen seines reinen Denkens zugleich bestimmt ist, so wird ihm notwendig dieses reine Denken selbst (das heißt, das Ich als Produkt // dieses Denkens als freies Wesen) ein Bestimmtes. Ein freies Wesen als solches kann aber nur bestimmt sein durch die Aufgabe, sich selbst mit Freiheit zu bestimmen. Indem das Ich dieses denkt, geht es von einer Sphäre der Freiheit überhaupt als Bestimmbaren über zu sich als dem in dieser Sphäre Bestimmten, und setzt sich dadurch als Individuum, im Gegensatz mit einer Vernunft und Freiheit außer sich.

Da das Ich im bestimmten Denken zugleich frei ist und nur mit Freiheit das Bestimmte denkt, so trägtes auch die Freiheit auf das Bestimmte über; aber Freiehit in der bloßen Bestimmtheit wie in der Natur ist sein durch sich selbst. Dadurch wird dem NichtIch ein vom Ich unabhägiges Sein zugeschrieben, und es wird dadurch erst ein Ding. In wiefern es dieses Sein hat, ist es das fortdauernde Bestimmbare in allen Bestimmungen, die es durch die Freiheit des Ich erhät.

Das Denken des Ich als [eines] freien, aber beschränkten Wesens und das des NichtIch als [eines] für sich bestehenden Dinges sind gegenseitig durch einander bestimmt. Das Ich schaut an seine Freiheit nur in den Objekten seines Handelns, und es schaut an diese Objekte nur, inwiefern es mit Freiheit auf sie handelt. S. 225//226



Die Beschränkteit des Ich, versinnlicht und als Wahrnehmung, erscheint als Aufforderung zu einem freien Handeln. Diese Wahrnehmung als Beschränkung unserer physischen Kraft - vorausgesetzt, dass wir uns, uns selbst überlassen, [sic] es wird sonach als das Bestimmende zu dieser Beschränkung eine physische Kraft außer uns gesetzt, die durch freien Willen eines durch diesen Willen bestimmten und charakterisierten freien Individuums außer uns regiert werde. Das Bestimmbare davon gibt den Begriff und die Wahrnehmung eines artikulierten Leibes, einer Person außer uns.

Dieser (der Leib) ist Naturprodukt, und also, da er aus Teilen besteht, die nur in ihrer Verbindung dieses bestimmte Ganze ausmachen, hat die Natur in sich selbst das Gesetz, dass ihre Teile sich notwendig zu Ganzen, die wieder ein einziges Ganze[s] ausmachen, vereinen. Die Natur ist organisiert und organisierend und wird, so wie ein vernüntiges Wesen außer mir gesetzt ist, also gesetzt. Der Umfang dessen, was notwendig im Bewusstsein vorkommen muss, ist erschöpft. 

// Bemerkung: Nur als organisiert und organisierend ist die Natur erfahrbar, außerdem* wird man durch das Gesetz der Kausalität immer weiter hinausgetrieben. Dadurch fallen die Kantischen Antinomien der Vernunft ganz weg, da sie bloß Antinomien des freien Räsonnements sind.
*) [=andernfalls]
Auf diese Weise haben die alten Philosophen die Beweise für Gott aus der Welt hervorgebracht, aus Verzweiflung, indem sie doch einmal bei etwas stehenbleiben wollten. -

Man muss die Vernunft als Ganzes auffassen, dann findet kein Widerstreit statt, dann ist die Natur ganz absolut durch sich selbst gesetzt als absolutes Sein, entgegengesetzt nur dem absoluten Ich. Diese Ansicht muss eine Naturwissenschaft nehmen. S. 239//240