Montag, 24. Oktober 2016

Der dingliche Schein.


allmystery

§ 10.

Ohnerachtet das freie Wesen alles, was für dasselbe sein soll, selbst hervorbringen muss, so muss ihm doch etwas als notwendig erscheinen; woher dieser Schein? Er ergiebt sich aus dem Wesen des freien Wesens. Es fängt von einem freien Handeln an, welchem gar kein Bewusstsein vorausgeht. Dieses freie Handeln wird Gegenstand des Bewusstseins und kann hinterher als Produkt der Freiheit ange-//108//sehen werden. Aber dadurch, dass es Objket des Bewusstseins wird, erscheint es gegeben, dies liegt im Charakter der idealen Tätigkeit, welche gebunden werden muss durch etwas, das sie nicht hervorgebracht hat .

Man kann auch sagen, das freie Wesen kann nicht handeln, ohne auf Etwas zu handeln. Dieses Etwas kommt auch durch Freiheit, weil diese ab er nicht Handeln auf Etwas ist, so b leibt sie im Dunmkeln. Daher kommt es, dass notwendig eine Objekt für uns da sein muss, vide das Eigentümliche der Wissenschaftslehre.

§ 3, N. VII (Es passt aber nicht alles dort gesagte hieher,wegen der gegenwärtigen veränderten Darstellung.) Confer Kants metaphysische Anfangsgründe der Rechtslehre p. XX die Note.

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Wissenschaftslehre nova methodo,
 Hamburg 1982, S. 10
7f. 


Nota. - Es geht auch ganz einfach: Das erste Handeln geschieht aus Freiheit, es ist ein Handeln auf Etwas, aber es geschieht noch ohne Bewusstsein, weil es selbst Bedingung der Bewusstwerdung ist. Erst in der nachträgli- chen Reflexion  kann es zum Gegenstand des Bewusstseins werden; ursprünglich liegt die Freiheit aber im Dunkeln: mit der freien Handlung auch das Etwas. Darum scheint es gegeben.

- Da er aber einmal den Denkzwang - die Unvermeidlichkeit, das Dings so zu denken und nicht anders (sofern es immerhin gedacht werden soll) - dem sinnlichen Gefühl gleichgestellt hat, könnte er uns das Gesetz der Verdinglichung, den dogmatischen Hang, den "dialektischen Schein" aus der Natur des diskursiven Denkens selbst ableiten: Nichts, was nicht in einem Gefühl gründet, ist real, nämlich anschaubar; real, weil anschaubar, ist, was in einem Gefühl gründet.

Kein Wunder also, dass uns Begriffe, die uns doch einem Denkzwang unterwerfen und die nur so und nicht anders gedacht werden können, wie Dinge vorkommen. Wie Dinge zweiter Ordnung, wenn man den Denk- zwang als ein Gefühl zweiter Ordnung ansieht, aber wie Dinge eben doch. Gerade Noumena müssen, wenn sie gedacht werden sollen, so und nicht anders gedacht werden - und würden ipso facto zu Wirklichkeiten.

Wie käme er aus dieser selbstgestellten Falle wieder heraus? Lediglich "als Philosoph"? - Er hätte mehr bewie- sen, als ihm recht sein konnte. 

Dass der Denkzwang ein Gefühl sei, könnte man ihm äußerstenfalls abkaufen. Nicht aber, dass es sich dabei um ein Gefühl des Beschränktwerdens handelt. Das Gefühl, den rechten Weg gefunden zu haben, ist vielmehr eine Aufhebung der Beschränkung, die eben noch gebundene ideale Tätigkeit fühlt sich wieder freigesetzt. Merke: Wer an die Stelle schon definierter ruhende Begriffe lebendige Vorstellung setzen will, darf aus dem Denk- zwang, den ich mir vorstelle, nichts herleiten, bloß weil er ihn vorher als Gefühl definiert hat..
JE

   


 

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