Samstag, 15. Oktober 2016

Wie soll es zugehen, dass die ideale Tätigkeit sich dem Gefühl hingibt?


Bernini, Hl. Theresa

§ 9

Es war schon im vorigen Paragraphen die Frage nach dem Vereinigungsgrund des Begriffs mit dem Ich; oder: Wie komme ich dazu zu sagen: Alles ist mein Begriff? 

Das Ich war bisher ein Fühlendes, es müsste auch das Begreifende sein; der Begriff müsste mit dem Fühlen notwendig vereinigt sein, so dass eins ohne das andere kein Ganzes ausmachte. Im Selbstgefühl ist Gefühl und Begriff vereinigt. Ich bin gezwungen, die Dinge so anzusehen, wie ich sie ansehe; wie ich mich selbst fühle, so fühle ich diesen Zwang mit.

So ist bisher das Ich als das Begreifende selbst begriffen worden. Wir wollen jetzt weiter gehen: Ich kann mich als Ich nur setzen, in wiefern ich mich tätig setze. - Da das Gefühl nur Beschränkung sein soll, so kann ich mich als Ich nicht fühlen, wenn nicht noch eine andere Tätigkeit hinzukommt. Mithin lässt sich aus dem Gefühl allein das Bewusstsein nicht erklären, also müsste ich mich in dem Begriffe des Y setzen als tätig. Das Ideale gibt sich dem Gefühle hin; wie //103// dies zugehe, ist besonders Gegenstand unserer gegenwärtigen Unter- suchung.
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Wissenschaftslehre nova methodo,
 Hamburg 1982, S. 102f.
 



Nota. - Wieso muss 'noch eine andere Tätigkeit hinzukommen', damit ich mich beschränkt fühlen kann? Es ist ein Widerstand gegeben, der ist es, den ich fühle und an dem ich mich tätig fühle. Wieso ist das plötzlich nicht mehr genug? Meint er bloß: Auf dieses mich-tätig-Fühlen muss wieder die ideale Tätigkeit gehen, um es zur Anschauung zu bringen? Es schadet nicht, es zu wiederholen, aber es war auch nicht nötig. - Bleibt die Frage: Wie soll das zugehen, dass die ideale Tätigkeit sich dem Gefühl hingibt? Wir sind gespannt.
JE




 

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