Mittwoch, 30. April 2014
Der gute Wille allein.
Kurt Bouda, pixelio.de
Wer meine Gesinnung hat, den redlichen guten Willen, der wird auch meine Ueberzeugung erhalten: ohne jenen aber ist diese auf keine Weise hervorzubringen. –
Nachdem ich dieses weiss, weiss ich, von welchem Puncte alle Bildung meiner selbst und anderer ausgehen müsse: von dem Willen, nicht von dem Verstande. Ist nur der erstere unverrückt und redlich auf das Gute gerichtet, so wird der letztere von selbst das Wahre fassen. Wird lediglich der letztere geübt, indess der erstere vernachlässigt bleibt, so entsteht nichts weiter, als eine Fertigkeit, ins unbedingt Leere hinaus zu grübeln und zu klügeln. –
Ich vermag, nachdem ich dieses weiss, alles falsche Wissen, das sich gegen meinen Glauben erheben könnte, niederzuschlagen. Ich weiss, dass jede vorgebliche Wahrheit, die durch das blosse Denken herausgebracht, nicht aber auf den Glauben gegründet seyn soll, sicherlich falsch und erschlichen ist, indem das durchaus durchgeführte, blosse und reine Wissen lediglich zu der Erkenntniss führt, dass wir nichts wissen können; weiss, dass ein solches falsches Wissen nie etwas Anderes findet, als was es erst durch den Glauben in Seine Vordersätze gelegt hat, aus welcher es vielleicht weiter / hin unrichtig schliesst. –
Ich besitze, nachdem ich dieses weiss, den Prüfstein aller Wahrheit und aller Ueberzeugung. Aus dem Gewissen allein stammt die Wahrheit: was diesem, und der Möglichkeit und dem Entschlusse, ihm Folge zu leisten, widerspricht, ist sicher falsch, und es ist keine Ueberzeugung davon möglich; wenn ich auch etwa die Trugschlüsse, durch die es zu Stande gebracht ist, nicht entdecken könnte.
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Die Bestimmung des Menschen, SW II, S. 254f.
Nota.
Dabei kann einem schon mulmig werden. Wer würde denn den guten Willen nicht für sich in Anspruch nehmen? Wenn doch die Moral nicht in allgemeinen Sätzen, sondern immer nur ad hoc gebietet... ?!
Ja, wenn wir an dieser Stelle schon so weit wären und mit Herbart die Ethik ansehen könnten als die Ästhetik, sofern sie auf das Reich der Willensakte bezogen wird...
JE
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