Samstag, 27. April 2019

Wirken, ohne zu wirken.


Es tut sich eín neuer Einwurf hervor, und erst nach dessen Beantwortung ist der Leib eines vernünftigen / Wesens vollkommen bestimmt. Nämlich: Es ist behauptet worden: Ich komme gar nicht zum Selbstbewusst- sein und könnte nicht dazu kommen außer zufolge der Einwirkung eines vernünftigen Wesens außer mir auf mich. Wenn es nun gleich von mir abhängt, ob ich dieser Einwirkung mich hingeben wolle oder nicht; ferner, wenn gleich, ob ich überhaupt und wie ich zurückwirken wolle, von mir abhängt, so hängt doch die Möglichkeit dieser Äußerung meiner Freiheit ab von der geschehenen Einwirkung des anderen. 

Ich werde zu einem vernünftigen Wesen in der Wirklichkeit, nicht dem Vermögen nach, erst gemacht; wäre jene Handlung nicht geschehen, so wäre ich nie wirklich veernünftig geworden. Meine Vernünftigkeit hängt dem- nach ab von der Willkür, dem guten Willen eines Anderen, von dem Zufalle; und aller Vernünftigkeit hängt ab von dem Zufall. So kann es nicht sein: Denn dann bin ich als Person doch nicht selbstständig, sondern nur ein Akzidens eines dritten, und so ins Unendliche.

Dieser Widerspruch lässt sich nicht anders heben als durch die Voraussetzung, dass der andere schon in jener ursprünglichen Einwirkung genötiget, als vernünftiges Wesen genötiget, d. i. durch Konsequenz verbunden sei, mich als ein vernünftiges Wesen zu behandeln: und zwar, dass er durch mich dazu genötiget sei; also dass er schon in jener ersten ursprünglichen Einwirkung, in welcher ich von ihm abhange [sic], zugleich von mir ab- hängig sei. Aber vor vor jener Einwirkung auf mich bin ich gar nicht Ich; ich habe mich nicht gesetzt, denn das Setzen meiner selbst ist ja durch diese Einwirkung bedingt, nur durch sie möglich. Doch soll ich wirken. Ich soll sonach wirken, ohne zu wirken; wirken ohne Tätigkeit. 
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Grundlage des Naturrechts nach Prinzipien der Wissenschaftslehre,
SW Bd. III, S. 73f.



Nota. - Nicht die bürgerliche Gesellschaft wird gebildet, indem schon vernünftige Wesen einander begegnen und auf einander wirken; sondern indem pp. Wesen auf einander wirken und zur Gesellschaft bilden, werden sie vernünftig. Denn die gegenseitige Einwirkung geschieht in der Verfolgung je eigener Zwecke. Vernunft ist die Vergesellschaftung von Zwecken: Es entstehen gemeinsame Zwecke. Das setzt voraus, macht erforderlich ein Vorstellen von Zwecken. Es reicht nicht, Zwecke zu haben, sondern um sie verhandeln zu können, muss man wissen, dass man sie hat.

So kann F. nicht argumentieren, denn es setzt voraus die Begriffe Arbeit, Arbeitsteilung, Tausch und... bürger- liche Gesellschaft. Über all diese verfügt er nicht. Wir müssen uns daher auf eine weitere Verrenkung gefasst machen.
JE


ota. Das obige Foto gehört mir nicht, ich habe es im Internet gefunden. Wenn Sie der Eigentümer sind und seine Verwendung an dieser Stelle nicht wünschen, bitte ich um Nachricht auf diesem Blog. 

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