Freitag, 1. Februar 2019
Vernünftig sein heißt, einen Zweckbegriff fassen können.
Es ist kein Zweifel: Eine vernünftige Ursache, so gewiss sie eine solche ist, entwirft sich den Begriff vom Pro- dukte, das durch ihre Tätigkeit realisiert werden soll, nach welchem es sich im Handeln richtet und gleichsam auf denselben unablässig hinsieht. Dieser Begriff heißt der Begriff vom Zwecke.
Nun aber kann ein vernünftiges Wesen gar keinen Begriff seiner Wirksamkeit fassen, ohne dass es eine Erkenntnis von dem Objekte dieser Wirksamkeit habe. Denn es kann sich nicht zu einer Ttätigkeit - es versteht sich: mit dem Bewusstsein dieser Selbstbestimmuung, denn nur dadurch wird es eine freie / Tätigkeit - bestimmen, es habe denn diese Tätigkeit gesetzt als gehemmt; aber das, was es setzt, wenn es eine bestimmte Tätigkeit setzt als ge- hemmt, ist ein Objekt außer ihm.
Darum kann - im Vorbeigehen sei es gesagt - der Natur, wenn man ihr auch Intelligenz und Freiheit zugeste- hen wollte, doch nicht das Vermögen zugestanden werden, einen Zweckbegriff zu fassen (und eben darum müsste ihr umgkehrt Intelligenz und Freiheit abgesprochen werden), weil nichts außer ihr ist, worauf sie wirken könnte. Alles, worauf gewirkt werden kann, ist selbst Natur.
Ein sicheres Kriterium der Wirkung eines vernünftigen Wesens wäre demnach dieses, dass die Wirkung sich nur unter Bedingung einer Erkenntnis des Objekts derselben möglich denken ließe. Nun aber ist nichts, was sich nicht als bloße Naturkraft, sondern lediglich durch Erkenntnis als möglich denken lässt, als die Erkenntnis selbst. Wenn sonach das Objekt - und hier auch der Zweck einer Wirkung - nur der sein könnte, eine Erkennt- nis hervorzubringen, dann wäre notwendig eine vernünftige Ursache der Wirkung anzunehmen.
Nur müsste die Annahme, dass eine Erkenntnis beabsichigt werde, notwendig sein, d. h. es müsste sich gar kein anderer Zweck des Handelns denken und die Handung müsste sich gar nicht begreifen lassen und wirklich gar nicht begriffen werden, wenn sie nicht als eine-Erkenntnis-beabsichtigend begriffen würde. - So sagt man: die Natur gäbe uns diese oder jene Lehre, aber man will damit keineswegs sagen, dass die Nauturbegebenheit nicht noch ganz andere Zwecke habe, sondern dass, wenn man etwa wolle, man unter anderm durch dieselbe sich auch belehren könne.
Der beschriebene Fall tritt hier nun ein. Die Ursache der Einwirkung auf uns hat gar keinen Zweck, wenn sie nicht zuvörderst den hst, dass wir sie als solche erkennen sollen. Es muss daher ein vernünftiges Wesen als Ursache derselben angenommen werden.
Es ist jetzt erwiesen, was erwiesen werden sollte. Das / vernünftige Wesen kann sich nicht setzen als ein sol- ches, es geschehe denn auf dasselbe eine Aufforderuung zum freinen Handeln, ... Geschieht aber eine solche Aufforderung zum Hadeln auf dasselbe, so muss es notwendig ein vernünftiges Wesen außer sich setzen als Ursache derselben, also überhaupt ein vernünftiges Wesen außer sich setzen, ...
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Grundlage des Naturrechts nach Prinzipien der Wissenschaftslehre, SW Bd. III, S. 37f.
Nota. - (Eine vernünftige Ursache = ein vernünftiges Wesen als Ursache.)
Es soll geklärt werden, woher die Vorstellung von einem vernünftigen Wesen außer mir - und das heißt: überhaupt eine Vorstellung von einem vernünftigen Wesen in mich hineinkommt; die Vorstellung von einem freien Setzen von Zwecken und damit eine Vorstellung von Vernunft. Die Aufforderung zum Handeln nach frei entworfenem Zweck bliebe unverstanden, wenn ich nur die Wörter hörte: Was bedeuten sie?
Sie bedeuten 'sich selbst': Die Aufforderung ist ein Handeln nach frei entworfenem Zweck. Sie ist ein Akt der Vernunft. Wer mich so auffordert, ist selbst ein vernünftiges Wesen.
Was, an mich gerichtet, eine Erwartung ist, ist von ihrer Seite ein Versprechen. Aber keine Garantie. Sie werden ihren Teil zu bewähren haben wie ich den meinen. Es ist ein gemeinsames Projekt: Es schwebt.
JE
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