Matteo Pugliese
... alles Sein, das selbst aus einem Sein herfließt, ist ein notwendiges Sein, keinesweges aber ein Produkt der Freiheit; oder subjektiv: durch Anknüpfung eines Seins an ein anderes Sein entsteht uns der Begriff eines notwendigen Seins. Hieraus kannst du nun durch Gegensatz schließen, was du eigentlich forderst, um Freiheit zu denken, die du doch denken kannst, und von je her wirklich gedacht hast. .../
Es müsse etwas sich selbst bestimmen, um als frei gedacht werden zu können, forderst du; nicht etwa nur nicht von außen, sondern auch durch seine eigene Natur nicht bestimmt sein. Was bedeutet dieses Selbst? Es wird dadurch offenbar eine Doppelheit gedacht. Das Freie soll sein, ehe es bestimmt ist, - ein von seiner Bestimmung unabhängiges Dasein haben. Darum kann ein Ding nicht gedacht werden als sich selbst bestimmend, weil es nicht eher ist als seine Natur, d. i. der Umfang seiner Bestimmungen.
Wie soeben gesagt, was sich selbst bestimmen sollte, müsste in einer gewissen Rücksicht sein, ehe es ist; ehe es Eigenschaften und überhaupt eine Natur hat. Dies lässt nur unter unserer Voraussetzung, unter ihr aber sich sehr wohl denken. Das Freie ist als Intelligenz mit dem Begriffe seines reellen Seins vor dem reellen Sein vorher, und in dem ersteren liegt der Grund des zweiten. Der Begriff eines gewissen Sein geht diesem Sein vorher, und [das] letztere ist vom ersteren abhängig.
Unsere Behauptung ist sonach die, dass nur die Intelligenz als frei gedacht werden könne, und dass sie bloß dadurch, dass sie sich als intelligenz fasst, frei werde; denn nur dadurch bringt sie ihr Sein unter etwas, das höher ist als alles Sein, unter den Begriff.
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System der Sittenlehre..., SW IV, S. 35f.
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