Sonntag, 7. Juni 2015

Kausalität kann nicht begriffen, sondern nur angeschaut werden.


HRM

Der Zustand meines Gefühls verändert sich, wenn ich eine Kausalität wahrnehme; es ist eine stete Fortbewe- gung von A zu B, in der kein Sprung, kein Hiatus ist. Wenn ich die ge/samte Masse des Gefühls als eine Linie denke, so werde ich keine zunächst liegenden Punkte finden, die ganz entgegengesetzt werden. Nehme ich aber Teile heraus, so sind diese im Ganzen immer entgegengesetzt. 

Z. B. der Zustand des Gefühls, zufolge dessen ich annehmen muss, A sei roher Marmor, verändere sich so, dass ich sonach zufolge des Gefühls A als eine Bildsäule annehmen muss. Dies ist ziemlich unbegreiflich, allein es ist auch nicht Sache des Begreifens (des Denkens), sondern des Anschauens; und wurde nur durch die Ein- bildungskraft so, wie sich das bei der Deduktion der Zeit ergeben hat. 

Der Fortgang soll stetig sein, weil sonst die Einheit des Bewusstseins aufgehoben würde, und sonach bliebe das Bewusstsein, weil das Bewusstsein Einheit ist. Nun sind aber die Gefühle als solche entgegengesetzt und kön- nen ihm Fühlen in derselben Rücksicht nicht stattfinden. Wie soll nun dies Mannigfaltige in der Kausalität ver- einigt werden? Schon oben wurde gesagt: Die Gefühle müssen auf ein in beiden Zuständen fortdauerndes Ge- fühlsvermögen bezogen werden; diese Antwort bekommen wir hier wieder und bestimmte als oben; es liegt daran, dass wir unsere mannigfaltigen Vorstellungen in der Zeit in Eins fassen und uns bei allem Wechsel der Erscheinungen für dasselbe Empfindende halten.
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Wissenschaftslehre nova methodoHamburg 1982, S. 127f. 





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