Samstag, 13. Juni 2015

Sittlichkeit ist ohne Begriffe.


Franz Xaver Messerschmidt 

Er sagt: Ist das sittliche Gefühl von der Bildung der Vernunft nicht abhängig? /... Ich antworte ohne weiteres: So wie er die Begriffe nimmt, keineswegs. Die Vernunft, von der er hier redet, ist die theoretische, [die] des Erkenntnisvermögens. Dies sagt aus nur, daß und wie etwas sei: Von einem Handeln, einem Handelnsollen, einem Postulate liegt in ihr schlechterdings nichts, und ich möchte den Künstler sehen, der mir so etwas herausanalysierte, wenn er es nicht erst hineinlegt.
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Rückerinnerungen, Antworten, Fragen [S. 140]


Nota. - Das ist denkbar unmissverständlich. Es sei aber nicht verschwiegen, dass er sich eine Hintertür offenlässt: wenn man nämlich die Begriffe anders "nimmt". Würde man etwa den 'Endzweck der Vernunft' als den Oberbegriff nehmen, der allen anderen ihre Gültigkeit zuteilt, dann möchte es möglich sein, auch die Sittlichkeit der 'Vernunft' unterzuordnen - und sie in Begriffe zu fassen. In dem Maße, wie F. stets zwischen einer kritischen und einer dogmatischen Auffassung der Vernunft schwankt, ist er immer wieder mal versucht, die Sittlichkeit - das Rechttun hier und jetzt - der Vernunft einzuverleiben und zu unterwerfen. 
JE



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