Dienstag, 9. Juni 2015
Noch einmal: logisch, historisch, genetisch.
Dem heute, in geschichtlicher Zeit Denkenden erscheint das Reich des Logischen als gegeben: vollständig und auf einmal. Was darin allenfalls als Zeit vorkommt, ist das, was er selber braucht, um alle die möglichen Schlüs- se 'nach-zu-vollziehen'; aber an sich waren sie vor ihm da, immer und ewig.
Tatsächlich ist es jedoch über die Jahrhunderttausende von vielen Generationen durch viele Versuche und Irr- tümer und durch Auslese des Tauglichsten zusammengetragen worden; und wird immer noch zusammenge- tragen.
Angefangen haben sie mit animistischen Vorstellungen, nach denen sie alles, was ihnen begegnete, so auffass- ten, als wäre es irgendwie ihresgleichen. Der Mythos brachte Ordnung und Hierarchie in das Gewimmel; bis die Philosophen den Grundstein zur Wissenschaft legten. - Die Geschichte der Philosophie verhält sich dazu wie ein entferntes Wetterleuchten.
Ganz etwas anderes ist es, heute dieses Reich von seinen ersten Anfängen neu errichten zu wollen. So, wie es bis heute geworden ist, hat es Animismus und Mythos nicht zu seinen Voraussetzungen, sondern deren Überreste sind Fremdkörper geworden, die es wo immer möglich auszuscheiden gilt. Die Sätze der Logik dagegen gelten alle zugleich und auf einmal. Man kann keinen auf dem anderen aufbauen. Sie gelten schlechterdings und erklä- ren gar nichts.
Wer den Grund ihrer Geltung verstehen will, muss ihn nicht im System selber suchen, sondern bei dem, der es errichtet hat - und der Absicht, die er dabei im Sinn gehabt haben mag. Er muss nach einem absoluten Subjekt suchen, das außer sich selber Nichts zu seiner Voraussetzung hat. Namentlich keinen Begriff und keine Logik, die müsste es allererst aus sich hervorbringen. Was also müsste es tun, um zu Begriffen und den Regeln ihrer Ver- knüpfung zu gelangen?
Dieses Verfahren ist nicht logisch und nicht historisch, sondern genetisch. In der historischen Realität war das absolute Subjekt ein Collectivum, und welche Voraussetzungen ihm alle vorgeschwebt haben mögen, können wir allenfalls ahnen. Davon müssen und dürfen wir aber abstrahieren.
Wozu man eine solche genetische Rekonstruktion des Systems unseres wirklichen Wissens brauchen kann, müsste man freilich klären, bevor man sich an die Arbeit macht. (Eigentlich ist es die Frage, wozu man über- haupt etwas wissen will.)
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