Mittwoch, 16. Mai 2018
Die intelligible Welt ist nur logisch, nicht reell.
Ein Sein bedeutet immer unmittelbar ein Objekt des Denkens, ein Gedachtes. Nun kommt ihm entweder auch eine Existenz, ein Bestehen und Dauern außer dem Denken zu, in der sinnlichen Wahrnehmung: dann ist ein reelles Sein bezeichnet und man kann von dem Gegenstande aussagen: Er ist.
Oder es kommt ihm außer dem Denken kein anderes Sein zu: Dann ist die Bedeutung des Seins eine bloß lo- gische. Man kann nicht sagen: das Objekt ist, sondern nur: es ist dies oder jenes. Das Wort ‚ist’ ist dann nur lo- gische Kopula. [...] Das Sein wird dann lediglich dadurch erzeugt, daß das Mannigfaltige der Prädikate in einer Einheit des logischen Subjekts durch das Denken fixiert wird. .../...
So verhält es sich mit dem Gebrauche des Wortes Welt. In der reellen Bedeutung ist es ein geschloßnes Ganzes von daseienden Objekten, die in Wechselbestimmung ihres Seins stehen; wo jedes ist, wie es ist, weil alle andern sind, was sie sind, und umgekehrt: und wo man bei vollkommner Kenntnis des Weltgesetzes aus der Natur eines jeden die aller übrigen unweigerlich würde erraten können, und auf sie schließen.
Von vernünftigen Wesen gebraucht, bedeutet es gleichfalls einen Einfluß aller auf jeden und [eines jeden] auf alle; dessen Art und Weise aber nicht begreiflich ist und eben deswegen auch nicht erraten werden kann; [...] das aber schlechthin gesetzt wird und nur durch diesen Begriff bezeichnet werden kann: also – eben durch den Versuch des Begreifens entsteht, also nur logisch, nicht reell ist.
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Rückerinnerungen, Antworten, Fragen. [S. 163; 165]
Nota. - In den Rückerinnerungen ist er zu einer dogmatischen Wendung noch nicht bereit. Zwar nimmt er auch hier wieder die Idee auf, der 'Endzweck der Vernunft' müsse als zu einem zukünftigen Zeitpunkt realisiert gedacht werden. Aber noch zieht er daraus keinen theoretischen Schluss, er sucht vielmehr beim "intellktuellen Gefühl" Halt. Erst nach Jacobis Brief macht er in der Bestimmung des Menschen die 'intelligible Welt' zur reellen Grundlage - einem 'Dauernden' - des Glaubens.
29. 5. 14
Nota II. - Der 'realisierte Endzweck der Vernunft' ist selbst als Vorstellung ein Widersinn. Vernunft ist nur in actu - als ein unendliches Bestimmen. Der realisierte Endweck wäre eine endgültige Bestimmtheit, und ergo das Ende der Vernunft. Es lässt sich dabei nichts denken; wer Vernunft denkt, muss Unbestimmtheit denken. Der Endzweck der Vernunft ist sie selbst - actu.
JE
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