Religion zwar ist Angelegenheit aller Menschen, und jeder redet da mit Recht hinein und streitet: dies ist Bestimmung des Menschen und Anlage, um allmählich Übereinstimmung, den großen Zweck derVernunft, hervorzubringen.
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Rückerinnerungen, Antworten, Fragen [S. 136]
Nota I. - Mit andern Worten - Vernunft ist immer da an ihrem Platz, wo Übereinstimmung angebracht ist. Alles andere liegt nicht in ihrem Zweck.
22. 12. 13
Nota II. - In Sachen der Religion ist Übereinstimmung völlig überflüssig. Nicht überflüssig mag während der Aus- übung des Kults die Vereinigung der Gemeinde sein, aber das ist ihre Privat angelegenheit und ohne öffentlichen Belang.
Anders sieht es aus, wenn man die Religion unabhängig von ihrem dogmatischen Gehalt als Garanten einer öf- fentlichen Moral auffasst, so wie das Alte Testament und der Koran. Dann ist sie Gesetz und nicht privat, sondern hochpolitisch. Aber dann ist sie Recht und nicht Moral, jedenfalls nicht in Sinne aktuoser Moralität.
Fichtes Unglück war, dass er seinen Gott nur als moralische Weltordnung auffassen konnte, aber weder als Schöpfer noch als persönliches Erlebnis. Die ihn der Atheismus ziehen, waren der Wahrheit näher als er, der sich gegen den Vorwurf wehrte. Aber zugleich kompromittierte er dabei sowohl seinen radikalen Begriff von Sittlich- keit, als auch die transzendentale Auffassung des Absoluten als reines Noumenon.
Vernunft setzt die Übereinstimmung als virtuell erreicht voraus. Wäre sie real erreicht, müssten wir von Wahrheit sprechen. Bis dahin müssen wir uns mit wissenschaftlicher Richtigkeit bescheiden.
JE.
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