Samstag, 12. Mai 2018

Ich muss etwas Dauerndes annehmen.



Ich kann – dies liegt in meinem Denken – von dem einen Prädikate zu dem andern nicht fortgehn, sie nicht zueinander zählen und sammeln, ohne etwas Daurendes, welchem diese Prädikate insgesamt zukommen, voraus zu setzen; es eben gerade durch dieses Denken zu erzeugen: ob ich [es] gleich, eben weil ich es dem Zusammen- hange und den Gesetzen des Denkens nach mit Notwendigkeit erzeuge, nicht für mein Produkt ansehe. 

Das in der Mannigfaltigkeit und Entgegengesetztheit der Prädikate fortdauernde Denken ist selbst das Fortdau- ernde und Bestehende. Es sind eigentlich in diesem Akte zwei entgegengesetzte Bestimmungen meines Denkens, die durch den ganzen Akt fortdauern, neben einander liegen, auf einander sich beziehen, nur durch und vermit- telst eins des andern möglich sind und nur beide vereint dieses Denken und einen Denkakt überhaupt ausma- chen; ...
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Rückerinnerungen, Antworten, Fragen. [S. 170]


Nota I. - 'Ich muss', wenn ich von einem Urteil zum nächsten übergehe, einen dauernden Urteilenden annehmen; ein Ich. Und wenn Ich ein Urteil ans andere knüpft und dabei derselbe bleiben soll, muss er annehmen, dass die Gründe für sein Urteilen die einzelnen Urteilsakte überdauern. Das ist eine Annahme, die ich voraussetze, sobald ich ans Urteilen gehe; ob ich mir dessen nun bewusst bin oder nicht.


28. 5. 14

Nota II. - Die Gründe, die überdauern und eo ipso die Identität des Ich verbürgen, nenne ich Wahrheit, das Absolute, das Unbedingte, Geltung an sich. Ich mag mir einreden, dass ich an derlei Metaphysik nicht glaube. Doch indem ich urteile, handle ich so, als ob. Und das ist real, was immer ich mir auch einrede.
JE 




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