Samstag, 8. September 2018

Die Verbindung von meiner Welt mit unserer Welt ist der Begriff.


Nach der rationalistischen Auffassung, die bei uns die landläufige ist, werden die Bedeutungen durch die Begriffe konstituiert. Nach Fichte entstehen die Bedeutungen dagegen in der Vorstellung; durch den Begriff werden sie lediglich fassbar und fungibel: können mit anderen verglichen und verknüpft und an Andere weitergegeben werden. Verständiger Verkehr ist nicht ohne Begriffe möglich.

Aber auch keine Kritik. Es sind die Begriffe, in denen meine Welt mit unserer Welt verknüpft ist. Genauer gesagt: Erst durch die Begriffe entsteht unsere Welt. Den Individuen, die zur Welt kommen, begegnet die Welt der Begriffe als Apriori, sie müssen sich darin einrichten. Die Privatwelt der Irren ist nur möglich, weil sie die Geltung der Begriffe ganz oder teilweise leugnen. Ihre Vorstellungen sind ungebunden und unverbindlich.

30. 6. 15 


Nota. - Unsere Welt ist die, in der Vernunft herrscht. Wie das geschieht, beschreibt in einem abstrakten Modell die Wissenschaftslehre. Das Ich, mit dem sie beginnt, ist dasjenige an den wirklichen Individuen, durch das sie vernünftig handeln. Wie in der Welt der historischen Individuen, findet auch das Vernunftich die Welt und die darin waltende Vernunft als Aufforderung und Aufgabe und ihm gegeben vor. Gegeben ist sie doppelt, als Ge- genstgand und als Bedeutung; beides dargestellt als Begriff. 

Wie eine 'Reihe vernünftiger Wesen' vor ihm die Begriffe aus Gefühl, Anschauung und Reflexion erschaffen haben, weiß das Vernunftich so wenig wie die empirischen Individuen. Sie kennen nur das Faktum. Alles wei- tere wäre Sache der Transzendentalphilosophie.

Die Formulierung meine Welt entstammt der Anschauung des wirklichen Lebens. Dem empirischen Individu- um erscheint die Welt vor allem andern als ihm gegeben. Sie ist ihm gegeben als eine mit Begriffen verwobene. Doch dies nicht 'vor allem andern', sondern ex post, nach dem Erleben. Darin mag alles vorkommen, was 'es gibt', und auch manches, das es nicht gibt. Es ist der reguläre Verkehr in der Reihe vernünftiger Wesen, der das Individuum veranlasst, seine Privatwelt von der begrifflichen Welt zu unterscheiden, die es mit andern teilt und in der es sich verantworten muss - nach Maßgabe von Vernunft und gesundem Menschenverstand. Es gehört voll und ganz beiden an, doch mal mehr der einen, mal mehr der andern, je nachdem.

Begriffe hat es in beiden. Doch hier nur fakultativ, dort kategorisch. Dass es in seiner Welt die Begriffe als bloß schwebend behandeln kann, erlaubt ihm in unserer Welt Gedankenspiele, auf die ein verknöcherter Begriffshuber nie kommen würde.
JE








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