Höhle Geißenklösterle
Das Ganze ist nichts als Verhältnis, und doch soll Etwas werden; dies liegt in der Natur der idealen Tätigkeit, und dieser ihr produktives Vermögen zu erörtern ist unser vorzüglichstes Geschäfte, z. B. dass Matereie im Raum aus- gedehnt sei und dass dieses nichts sei als ein Verhältnis auf unsere Empfindung.
Hier sind wir beim Entstehungsorte des Systems unserer Sensibilität für uns, und unsere gegenwärtige Vorausset- zung, dass unsere Gefühle angeschaut werden, erklärt dieses System der Sensibilität, so wie dieses unsere Voraus- setzung unterstützt.
Eine Veränderung von A zu B wird angeschaut, ist also ein Bestimmtes, aber dies ist nichts ohne Bestimmbares. Also keine Veränderung lässt sich anschauen ohne Veränderlichkeit; soll aber diese etwas für uns sein, so kann sie nur sein eine Zusammensetzung aus der Anschauung mehrerer Veränderungen.
Diese besondere und von der im vorigen Paragraphen aufgstellten verschiedene Anschauung heiße X, sie ist nicht Anschauung überhaupt, sondern die Anschauung eines Übergehens.
So gewiss angeschaut wird, schwebt dem Anschauenden ein Objekt vor, welches sein Objektives davon erhält, dass die Anschauung darauf bezogen wird. Diese Veränderlichkeit wird also hier schon zu einem Etwas, weil seine Anschauung darauf geht. (Das System unserer Veränderlichkeit ist unser Leib. Dieser ist ja Etwas, soll aus- gedehnt sein im Raume; dies wird er lediglich durch die Anschauung.) Die Anschauung X ist eine Anschauung des Ich selbst. Es wäre nun das Fühlende im System der Sensibilität erschöpft; das Ich dauert in allen Gefühlen fort, X wäre die Anschauung des Ich, in dieser Anschauung fände es sich selbst als Objekt.
__________________________________________
Wissenschaftslehre nova methodo, Hamburg 1982, S. 90
Nota I. - Für uns selbst sind wir Ich zu allererst als Leib - das ist doch einfach, wozu all die dialektischen Umstän- de? Eben darum: Er ist nicht 'sein' Leib, nicht reale Dualität, sondern im Leib schaut das Ich sich selbst an. Aus der Vorstellung treten wir an keiner Stelle heraus.
Darum ist der Satz, das Ganze sei nichts als ein Verhältnis, nicht ontologisch zu verstehen wie bei Aristoteles, wo es 'mehr' sein soll als die 'Summe seiner Teile'; denn dieser Satz ist nicht vorstellbar, er müsste geglaubt werden, und das kommt für den Transzendentalphilosophen nicht in Frage.
26. 9. 16
Nota II. - Als Sein in Raum und Zeit aufgefasst, ist das Ich leidend, nämlich Leib; als tätig aufgefasst, ist es Intel- ligenz; beide sind nur zwei Anschauungen desselben. In Raum und Zeit wirksam wird die Intelligenz als Leib. Das setzt voraus, dass der Leib für die Intelligenz geworden ist. Aber doch nicht, indem die Intelligenz vom Ge- fühl affiziert würde! Affizieren kann die Intelligenz nur sie selbst, nämlich indem sie anschauend tätig ist.
Anschauen heißt Bestimmbares bestimmen. Welches Bestimmbare liegt hier vor? Nicht der Leib; der ist, und ist bestimmt. Und so der Zustand des Gesamtsystems der Sensibilität. Noch unbestimmt und also bestimmbar ist der Übergang zwischen zwei Zuständen: nicht das Übergehen in specie, sondern die ihm zu Grunde liegende Veränder- lichkeit in genere. Sie ist das Bestimmbare am Leib, durch dessen Bestimmung der Leib für die Intelligenz werden kann. (War das zu rasant? Spätere Berichtigungen sind bei meinem Kommentaren immer vorgehalten.)
JE
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen