Mittwoch, 13. Februar 2019

Allgemeine gegenseitige Anerkennung ist Bedingung des Bewusstseins der Individualität.

W. Homer
 
II. Aber ich muss allen vernünftigen Wesen außer mir in allen möglichen Fällen anmuten, mich für ein vernünftgiges Wesen anzuerkennen. /

Die Notwendigkeit dieser allgemeinen und durchgängigen Anmutung  muss dargetan werden als Bedingung der Möglichkeit des Selbstbewusstseins. Aber es ist kein Selbstbewusstsein ohne Selbstbewusstsein der Individuen, wie erwiesen worden. Es wäre jetzt nur noch zu erweisen, dass kein Bewusstsein der Individualität möglich sei ohne jene Anmutung, dass die letztere notwendig aus der ersteren folge: so wäre erwiesen, was erwiesen werden soll.
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Grundlage des Naturrechts nach Prinzipien der Wissenschaftslehre, SW Bd. III, S. 45f.  



Nota. - Ein Verkehr vernünftiger Wesen miteinander ist nur als Rechtsverhältnis möglich und ein Rechtsver- hältnis ist nur möglich zwischen vernünftigen Wesen - darauf läuft alles hinaus. Indes hängt von der gegenseiti- gen Anerkennung auch das Bewusstsein der Individualität ab. Als Vernunftwesen, nämlich als ein frei Wollender, ist der Mensch eo ipso Individuum. Aber als Individuum ist er nicht eo ipso Vernunft-, sondern auch Sinnen- wesen. Er berührt nicht jederzeit und allenthalben die Wirkungssphäre eines andern Sinnenwesens und muss sich nicht allezeit vor ihm verantworten. Er hat eine Sphäre, in der er keiner Anerkennung bedarf.

Eine Trennung von öffentlichem und privatem Leben kommt bei Fichte noch nicht vor. Das muss Folgen für die Rechtsphilosophie haben, gewiss. Und es macht eine Scheidung von Recht und Moral nötig, wie Fichte sie postuliert; doch nicht radikal genug. Das muss Folgen für seine Sittenlehre haben.
JE


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