A.
1) Ich setze mich im Gegensatze von C als Individuum lediglich dadurch, dass ich mir ausschließend eine Sphä- re für meine freie Wahl zuschreibe, die ich ihm abspreche nach dem Begriffe der Individualität überhaupt.
2) Ich setze mich als vernünftiges und freies Wesen im Gegensatze zu C lediglich dadurch, dass ich auch ihm Vernunft und Freiheit zuschreibe; mithin annehme, dass er in einer von der meinigen unterscheidenen Sphäre gleichfalls frei gewählt habe.
3) Ich nehme das alles aber nur demzufolge an, dass er meiner eigenen Annahme nach in seiner Wahl, in der Sphäre seiner Freiheit, auf meine freie Wahl Bedacht genommen [und] eine Sphäre für mich und meine Wahl offen gelassen [hat]; laut der vorhergehenden Beweise. (Erst demzufolge, dass ich ihn gesetzt [habe] als ein mich als vernünftiges Wesen Behandelndes, setze ich ihn überhaupt als vernünftiges Wesen. Von mir und meiner Be- handlung geht mein ganzes Urteil über ihn aus, wie es in einem Systeme, das das Ich zur Grundlage hat, nicht anders sein konnte. Aus dieser bestimmten Äußerung seiner Vernunft: und aus dieser allein schließe ich erst auf seine Vernünftigkeit überhaupt.)
4) Aber das Individuum C kann nicht auf die beschriebenen Weise auf mich gehandelt haben, ohne wenigstens problematisch mich anerkannt zu haben; und ich kann es nichtnals so handelnd setzen, ohne dies ( dass es mich wenigstens problematisch anerkenn) zu setzen.
5) Alles Problematische wird kategorisch, wenn die Bedingung hinzukommt. Es ist teils überhaupt kategorisch als / Satz; eine Bemerkung, die wichig ist und dennoch oft übergangen wird; die Verbindung zwischen zwei Sätzen wird kategorisch behauptet; wird die Bedingung gegeben, so ist notwendig das Bedingte anzunehmen. Die Bedingung war, dass ich den Anderen als vernünftiges Wesen (für ihn und mich gültig) anerkenne, d. i. dass ich ihn als ein solches behandelte - denn nur Handeln ist ein solches gemeingültiges Anerkennen. Dies nun muss ich notwen- dig, so gewiss ich mich als vernünftiges Individuum ihm entgegensetze - es versteht sich, inwiefern ich vernünf- tig, d. i. in meinen Erkenntnissen konsequent verfahre.
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Grundlage des Naturrechts nach Prinzipien der Wissenschaftslehre, SW Bd. III, S. 46f.
Nota. - Es geht bei der gegenseitigen Anerkennung keineswegs um die logische Einsicht in den Begriff des ver- nünftigen Wesens. Es geht um die Erfahrung, dass der Andere sich praktisch als ein solches gesetzt hat, als er mich als ein ebensolches behandelte. Zumindest problematisch: auf Probe. Und die Probe liegt nicht in der Re- flexion, sonden in der anschaulichen Erfahrung.
JE
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