Montag, 4. Februar 2019

Eine beschränkte Sphäre absoluter Freiheit.

 
Das endliche Vernunftwesen kann nicht noch andere Veernunftwesen außer sich annehmen, ohne sich zu set- zen als stehend mit denselben in einem bestimmten Verhältnissse, welches man das Rechtsverhältnis nennt.

Beweis

1. Das Subjekt muss sich von dem Vernunftgwesen, welches er zufolge des vorigen Beweises außer sich angenommen hat, durch Gegensatz unterscheiden. 

Das Subjekt hat sich jetzt gesetzt als ein solches, das den letzten Grund von etwas, das in ihm ist, in sich selbst enthalte (dies war die Bedingung der Ichheit, der Vernünftigkeit überhaupt); aber es hat ein Wesen außer sich gleichfalls gesetzt als den letzten Grund dieses in ihm Vokommenden.

Es soll sich von diesem Wesen unterscheiden können, inwiefern der Grund desselben in ihm, und inwiefern er außer ihm liege. Der Grund des Wirksamkeit des Subjekts liegt zugleich in dem Wesen außer ihm und in ihm selbst der Form nach, oder darin, dass überhaupt gehandelt werde. Hätte jenes nicht gewirkt und dadurch das Subjekt zur Wirksamkeit aufgefordert, so hätte dieses selbst auch nicht gewirkt. Sein  Handeln als solches ist durch das Handeln des Wesens außer ihm bedingt. Es ist auch der Materie nach bedingt; es ist dem Subjekt die Sphäre seines Handelns überhaupt angwiesen.

Aber innerhalb dieser ausgewiesenen Sphäre hat das Subjekt gewählt, die nächste Grenzbestimmung seines Handelns sich selber absolut gegeben; von der letzten Bestimmung seiner Wirksamkeit liegt ganz allein in ihm der Grund. Isofern kann es sich als absolut freies Wesen, als alleinigen / Grund von etwas setzen, von dem freien Wesen außer ihm sich ganz abtrennen und eine Wirksamkeit nur sich zuschreiben.

Innerhalb des Kreises, von dem Grenzpunkte des Wesens außer ihm, X, bis zum Grenzpunkte seines eigenen Produktes, Y, hat es gewählt unter den Möglichkeiten, die hier liegen: Aus diesen Möglichkeiten, die alle es hätte wählen können, konstituieret es seine Freiheit und Selbstständigkeit.
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Grundlage des Naturrechts nach Prinzipien der Wissenschaftslehre, 
SW Bd. III, S. 41f. 
 



Nota. - Es geht hier an die Konstrukion des Rechtsbegriffes aus der Fiktion des Naturrechts im Unterschied zu den historisch gewachsenen 'positiven' Rechten der Völker, die Krieg und Gewaltherrschaft nicht ausschalten können noch wollen. Fichte geht nicht aus von einer ursprünglichen Gemeinschaft, sondern legt dem Recht im Gegenteil den Gegensatz zu Grunde: Die Wissenschaftslehre ist nicht 'überhaupt' eine Anthropologie, sondern die Anthropologie des bürgerlichen Menschen. Vernünftigkeit als Entwerfen von gemeinamen Zwecke hat über- haupt nur Sinn unter Voraussetzung eines ursprünglichen Nichtüberinstimmens. (Man sollte annehmen, er käme von hier zu der Unterscheidung von Privatheit und Öffentlichkeit; das geschieht leider nicht.)
JE

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