Sonntag, 10. Februar 2019

Bedingung wechselseitiger Anerkennung.

 
Der aufgestellte Begriff ist höchst wichtig für unser Vorhaben, denn auf demselben beruht unsere ganze Theorie des Rechtes. Wir suchen ihn daher durch folgende Syllogismen deutlicher und zugänglicher zu ma-chen. 

I. Ich kann einem bestimmten Vernunftwesen nur insofern aumuten, mich für ein vernünftiges Wesen anzuerkennen, inwiefer ich selbst es als ein solches behandele.

1) Das Bedingte in dem aufgestellten Satze ist
 
a. nicht, dass dasselbe an sich und abstrahiert von mir und meinem Bewusstsein - etwa vor seinem eigenen Ge- wissen (das gehört in die Moral) oder vor anderen (dies gehört vor den Staat) - mich anerkenne, sondern dass es mich nach meinem und seinem Bewusstsein, synthetisch in Eins vereinigt (nach einem uns gemeinsamen Be- wusstsein) dafür anerkenne, so dass ich ihm, so gewiss er für ein vernünftigen Wesen gelt-/ten will, nötigen können, zuzugeben, er habe gewusst, dass ich selbst auch eines bin.

b. nicht, dass ich überhaupt nachweisen können, ich sei von vernünftigen Wesen überhaupt als ihres Gleichen anerkannt worden; sondern dass dieses bestimmte Individuum C mich dafür aberkannt habe.
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Grundlage des Naturrechts nach Prinzipien der Wissenschaftslehre, SW Bd. III, S. 44f


Nota. - Es geht hier um die faktische Konstruktion eines gemeinsamen Bewusstseins. Das war zwar im Begriff der Reihe vernünftiger Wesen unausgesprochen unterstellt; wie es aber möglich wurde, wird erst hier erwiesen!

Immer zu bedenken: Es geht in der Wissenschaftslehre nie darum, einen Begriff zu definieren. Es geht stets um dieses eine, dieses andere und - in disem Fall - ein mögliches gemeinsamens Bewusstsein. Dafür reicht es nicht, dass der Begriff da (wo?) ist; er muss schon auch in die Vorstellung aufgenommen sein, sonst bleibt er null und nichtig.
JE 

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