Fichte hat seinen mündlichen Vortrag der Wissenschaftslehre nova methodo in Paragraphen unterteilt, deren inhaltliche Zusammenfassung er seinen Hörern jeweils am Schluss in die Feder diktierte. K. Chr. Fr. Krause hat zu seinem persönlichen Gebrauch als Dozent diese Zusammen- fassung später gesondert zusammengestellt.
Die Versuchung für eilige Studenten, die mühsame Arbeit durch den Text durch Überfliegen der Zusammenfassungen zu ersparen, ist klein, denn außerhalb des Textzusammenhangs sind sie ganz unverständlich. Größer wäre schon die Versuchung, einzelne 'Stellen' gegen andere Stellen in den ausgearbeiteten Fassungen auszuspielen. Da aber Fichte nicht müde wird zu wiederholen, seine Sätze seien ohnehin stets nur aus dem Zusammenhang zu verstehen, und auf eine feste Terminologie bewusst verzichtet hat, kann das nicht weit führen.
Die vorliegenden Zusammenfassungen haben den Zweck, aus dem Dickicht dialektischer Spitz- findigkeiten immer wieder den roten Faden herauszuheben; und das ist nicht überflüssig.
JE
§ 1.
(Diktiert, 1798) Alles Bewusstsein ist begleitet von einem unmittelbaren Selbstbewusstsein, genannt intellektuelle Anschauung, und nur in Voraussetzung dessen denkt man. Das Bewusstsein aber ist Tätigkeit, und das Selbstbewusstsein insbesondere in sich zurückgehende Tätigkeit der Intelligenz, oder reine Reflexion.
Alles zufolge angestellter Selbstbeobachtung. Diese reine Reflexion als Begriff angesehen wird gedacht durch ich. Ich setze mich sonach schlechthin durch mich selbst, und durch dieses Selbstsetzen ist alles andere Bewusstsein bedingt.
In diesem Collegio wird experimentiert, das heißt, die Vernunft wird gezwungen, auf gewisse planmäßige Fragen zu // antworten, die Resultate unserer Experimente fassen wir dann in Begriffe zum Behuf der Wissenschaft und des Gedächtnisses. S. 34//35
§ 2.
(diktiert 1798) Jene Tätigkeit der Reflexion als solche, durch welche die Intelligenz sich selbst setzt, wird, wenn sie angeschaut wird, angeschaut als eine sich bestimmende Agilität, und diese wird angeschaut als ein Übergehen aus dem Zustande der Ruhe und Unbestimmtheit, die jedoch bestimmbar ist, zu dem der Bestimmtheit. Diese Bestimmbarkeit erscheint hier als das Vermögen, Ich oder NichtIch zu denken, und es werden sonach in dem Begriffe der ersten die beiden letzten Begriffe notwendig mitgedacht und einander gegenüber gesetzt. Beide Begriffe erscheinen sonach bei Erregung der selbsttätigen Reflexion als etwas unabhängig von derselben Vorhandenes, und der Charakter des NichIch ist das Sein, eine Negation.
§ 2. Man
werde ferner finden, wird behauptet, dass man sich im Entwerfen des
Begriffs vom Ich nicht tätig setzen könne, ohne diese Tätigkeit als eine
durch sich selbst bestimmte, und diese nicht ohne ein Übergehen von der
Unbestimmtheit oder Bestimmbarkeit zu setzen, welches Übergehen eben
die bemerkte Tätigkeit ist ( N. 1 et 2 supra).
Den durch die bestimmte Tätigkeit entstandenen Begriff könne man
gleichfalls nicht fassen, ohne ihn durch ein entgegengesetztes NichIch
zu bestimmen, das Bestimmbare sei dasselbe, was oben das Ruhende war
(§1), weil es eben zur Tätigkeit bestimmt wird, und das, was in
Beziehung auf die Anschauung des Ich Begriff desselben sei, sei [in Beziehung] auf das NichtIch Anschauung. //44// Es sei nämlich Begriff des Anschauens (N. 4). Dem NichtIch komme zu Folge der Entgegensetzung zu der Charakter der Negation der
Tätigkeit, das ist der des Seins, welcher der Begriff aufgehobener
Tätigkeit, sonach nicht ein irgend ursprünglicher, sondern ein von der
Tätigkeit abgeleiteter und negativer sei. S. 43//44
In diesem Akte der Freiheit wird das Ich sich selbst Objekt. Es entsteht ein wirkliches Bewusstsein, an dessen ersten Punkt von nun an alles angeknüpft werden muss, was überhaupt Objekt desselben sein soll. Die Freiheit ist sonach der höchste Grund und die erste Bedingung alles Seins und alles Bewusstseins. S. 51
Die Selbstbestimmung durch Freiheit ist nur als Bestimmung zu etwas anschaubar, von welchem das sich selbst Bestimmende oder Praktische einen Begriff habe, der der Begriff vom Zweck heißt. Sonach werde dem Anschauenden das Subjekt des praktischen Vermögens zugleich zu einem Vermögen der Begriffe, so wie umgekehrt das Subjekt des Begriffs oder die Intelligenz notwendig praktisch sein muss. Beides, praktisches Vermögen und Intelligenz, ist unzertrennlich. Eins lässt sich ohne das andere nicht denken. Die Identität beider ist sonach der Charakter des Ich. S. 55
Das Bestimmbare wird der Anschauung zu einem ins Unendliche teilbaren
Mannigfaltigen, weil es Objekt einer freien Wahl für die absolute
Freiheit sein soll; dem Bestimmten als einem Teile desselben muss
dasselbe zukommen, und darin sind sie beide gleich. Unterschieden sind
sie darin, dass in dem ersten eine bloß als möglich, das ist, durch
die zwischen Entgegengesetzten schwebende Intelligenz gesetzte, in dem
zweiten eine durch die an eine bestimmte Folge des Mannigfaltigen
geknüpfte Intelligenz gesetzte Handlung angeschaut wird. Handlung ist
Tätigkeit, der unaufhörlich widerstanden wird, und nur diese Synthesis
des Widerstandes ist es, durch die eine Tätigkeit anschaubar ist. S. 63
Eine freie Handlung ist (§4) nur möglich nach einem frei entworfenen Begriff von ihr, sonach müsste die freie Intelligenz vor aller Handlung vorher eine Kenntnis von den Handlungsmöglichkeiten haben. Eine solche Kenntnis lässt sich nur dadurch erklären, dass dem Ich vor aller Handlung vorher ein Trieb beiwohne, in welchem eben darum, weil er nur // Trieb ist, die innere Tätigkeit desselben beschränkt sei.
Da dem Ich nicht zukommt, als was es sich nicht setze, so muss es diese Beschränkung setzen, und so etwas nennt man ein Gefühl. Da durch die Freiheit gewählt werden soll, muss es ein Mannigfaltiges von Gefühlen geben, welches nur durch seine Beziehung auf das gleichfalls notwendige ursprünglich vorhandene System der Gefühle überhaupt unterscheidbar sein kann.
Confer compendium.
Als das Höchste und Erste im Menschen wird sowohl in der alten* als neuen** Bearbeitung das Streben oder der Trieb angenommen.
Gegenwärtig wird vom unmittelbaren Objekte des Bewusstseins, von der Freiheit, ausgegangen und die Bedingungen derselben aufgesucht. Die freie Handlung ist das Wesentlichste unsrer Untersuchung. In der ehemaligen Behandlung wurde die freie Handlung, das Streben und der Trieb nur gebraucht als Erklärungsgrund der Vorstellungen und der Intelligenz, welches dort der Hauptzweck der Untersuchung war. In der gegenwärtigen Behandlung ist das Praktische unmittelbar Objekt, und aus ihm wird das Theoretische abgeleitet, so wie ferner in ihr mehr der Gang der Synthesis, in jener aber mehr der Gang der Analysis herrscht.
Ideales und Reales liegt nebeneinander und bleiben immer abgesondert. Im Buche* ist zuförderst das erste bestimmt und das zweite von ihm abgeleitet. Hier** wird umgekehrt mit dem Praktischen angefangen und dies wird abgesondert, so lange es abgesondert ist und nicht mit dem Theoretischen in Beziehung steht. Sobald aber beide zusammenfallen, werden sie beide miteinander abgehandelt. Somit fällt die im Buche in den theoreti-schen und den praktischen Teil gemachte Einteilung hier weg.
In beiden Darstellungen wird ausgegangen von einer Wechselbestimmuung des Ich und NichtIch. S. 72//73
Mit dem Gefühle ist eine Anschauung notwendig verbunden, denn das Gefühl ist Begrenztheit; aber eine Begrenztheit ist nichts ohne Gegensatz der Tätigkeit; aber dasjenige im Ich, was notwendige Tätigkeit bleibt, ist sein ideales Vermögen. Der Vereinigungspunkt des Gefühls und der Anschauung ist der, dass das Ich sich, indem es in realer Rücksicht sich begrenzt fühlt, sich in idealer anschauend fühlt.
In wiefern die Anschauung auf die Begrenztheit geht - welche Begrenztheit dadurch, dass die Anschauung auf sie geht, bloßes Objekt ohne alle Beziehung auf ein Subjekt wird -, wird sie gefühlt als gebunden in der Darstellung des Objekts; aber ein solches Gefühl ist nicht möglich ohne ein entgegengesetztes der Freiheit. Die Anschauung wird sonach auch in anderer Rücksicht als frei gefühlt und ist in sofern Anschauung des Ideals. S. 87
Mit der Anschauung des NichtIch ist die Anschauung des Ich notwendig verknüpft, und die erstere wird nur durch die letztere eine Anschauung. Um aber diese letztere zu erklären, muss eine Veränderung des Zustands des Gefühls oder eine Begrenzung der Begrenztheit angenommen werden, durch welche das Ich in der ersten Anschauung (des NichtIch) selbst begrenzt werde; [und dass?] aus ihr das Gefühl dieser besonderen Beschränkung der idealen Tätigkeit, und aus ihr eine Anschauung derselben entstehe.
Der Vereinigungspunkt beider Anschauungen ist der: dass reine Gebundenheit in der ersten Anschauung gesetzt werden kann, ohne dass ihr Freiheit entgegengesetzt werde. Alle Freiheit kommt aber dem Ich zu, und lediglich dadurch wird die letztere Anschauung [zur] An-//schauung des Ich. Eine Anschauung aber mit Bewusstsein des Anschauenden heißt Begriff. Sonach entsteht durch die postulierte Veränderung im System der Gefühle der Begriff des Ich und des NichtIch. S. 100//101
Der Inhalt der gesamten Wissenschaftslehre lässt sich kurz in folgenden Worten vortragen:
Dass ich mir überhaupt etwas bewusst werden kann, davon liegt der Grund in mir, nicht in den Dingen. Ich bin mir Etwas bewusst; das einzige Unmittelbare, dessen ich mir bewusst bin, bin ich selbst; alles andre macht die Bedingungen meines Selbstbewusstseins aus. Vermittelst des Selbstbewusstseins mache ich mir die Welt bewusst. -
Ich bin mir Objekt des Bewusstseins nur im Handeln. Wie ist die Erfahrung möglich? heißt: Wie kann ich mir meines Handelns bewusst werden? Auf die Beantwortung dieser Frage geht alles aus, und wenn sie beantwortet ist, so ist unser System geschlossen.
Bis jetzt haben wir dies gefunden: Ich muss, wenn ich mich als handelnd setzen soll, mir irgend eines Zweckbegriffs bewusst werden. Mit der Beantwortung der Frage: Wie ist ein Zweckbegriff möglich? beschäftigen wir uns noch. Bisher haben wir gesehen, wie ein Begriff überhaupt möglich sei. Eigentlich ist von allem, was wir bisher aufgestellt haben, nichts ganz möglich, bis wir zu Ende sind, denn wir haben noch immer Bedingungen der Möglichkeit aufzustellen. Die Möglichkeit des Einzelnen lässt sich nur aufzeigen, wenn die Möglichkeit des Ganzen dargetan ist.
Die Möglichkeit des Begriffs wurde nur gezeigt unter ge-//wissen Voraussetzungen, die wir stillschweigend machen mussten und konnten.
Wir sind so verfahren: Ich bin ursprünglich praktisch beschränkt; daraus entsteht ein Gefühl; ich bin aber nicht bloß praktisch, sondern auch ideal. Die ideale Tätigkeit ist nicht beschränkt, folglich bleibt Anschauung übrig. Gefühl und Anschauung sind miteinander verknüpft. Im Gefühle muss eine Veränderung stattfinden, dies ist Bedingung des Bewusstseins. Ich bin in der Beschränktheit beschränkt, werde also auch in der Anschauung Y beschränkt. Aus jeder Beschränkung entsteht ein Gefühl, mithin müsste auch hier ein Gefühl entstehen, das Gefühl des Denkzwangs, und mit diesem [die] Anschauung meiner selbst. Eine Anschauung, in der das An-schauende selbst gesetzt wird, die auf das Anschauende bezogen wird, heißt ein Begriff vom Dinge, hier von Y. S. 101/102
Das Begreifen ist eine freie und als frei gesetzte Reflexion auf die vorher gesetzte Anschauung (Y). Aber die Freiheit der Reflexion auf sie kann nicht gesetzt werden, außer in wiefern sie überhaupt erst gesetzt ist.
Wir erhalten somit eine doppelte Ansicht der Reflexion und mit ihr des Gegenstandes (die doppelte Ansicht der Reflexion nämlich ist für den Philosophen, die des Gegenstandes für das Ich). Einmal die Reflexion als solche, ohne dass über sie reflektiert weden, und dies gibt das ohne Zutun des Ich vorhandne Ding, einmal die Reflexion als eine Bestimmung der Freiheit und selbst reflextiert, und dies gibt die Vorstellung des Dinges. S. 107
§ 10. A.
Das Begreifen wird als frei gesetz heißt: Die Intelligenz setzt als geschehen könnend oder auch nicht, und zwar eine gewisses // Handeln überhaupt (denn außerdem würde gar nichts gesetzt). Es wird sonach das Handeln überhaupt gesetzt; gesetzt, dass es geschehen könne oder nicht, welches letztere nicht möglich ist, ohne dass das erste überhaupt gesetzt sei.
Sonach ist dieses Handeln überhaupt nicht für die Intelligenz außer als ein freies, ohne dass es überhaupt für sie sei. Aber das Ich schaut sein bloßes Handeln als ein solches an, als ein Linienziehen, sonach das unbestimmte Vermögen dazu als den Raum. S. 110//111
§ 10.B
Da das Setzen des Objekts und das Setzen des Handelns im Ich notwendig vereinigt sind, so muss auch das erstere (Objekt) und das Schema des letzteren notwendig vereinigt sein. Aber Vereinigung des Objekts mit dem Raume ist Erfüllung desselben, alles Objekt wird sonach notwendig raumerfüllend, materiell.
Die Freiheit der Intelligenz besteht (äußert sich) in der Synthesis eines durch Gefühlsprädikate bestimmten Objekts mit einem durch absolute Spontaneität bestimmten Ortes im Raum, und dadurch wird der Raum ein stetiger und er sowohl als die Materie teilbar ins Unendliche. Die Bestimmtheit derselben (Intelligenz), ohne welche die erstere (Freiheit) und ohne welche die erstere nicht möglich ist, besteht darin, dass das Objekt in einem Raum überhaupt gesetzt und der Raum mit Materie überhaupt angefüllt sein muss. Kein Raum ohne Materie et vice versa.
Dadurch ist Notwendigkeit, aber dass dieses Objekt nicht gerade in // diesem Raume sei und dieser Raum nicht gerade zu diesem Objekt gehöre, ist Freiheit. S. 115//116
Jedes Objekt erhält
seinen Ort im Raume in Beziehung auf das Vorstellende, und außer dieser
Beziehung ist keine Ortsbestimmung möglich. Aber das, wodurch ein andres
im Raume bestimmt werden soll, muss selbst in ihm sein. Das
Vernunftwesen setzt sonach sich selbst in den Raum als praktisch
strebendes Wesen.
Diese neuerlich gefühlte und bei dem notwendig mit dem Gefühle vereinigten Anschauen des Objekts in die Form der Anschauung aufgenommene Streben ist der ursprüngliche und unmittelbare Maßstab für alle Ortsbestimmung. Es ist nicht möglich, etwas in den Raum zu setzen, ohne sich selbst darinnen zu finden, außer indem man Objekt darin setzt. S. 122
Diese neuerlich gefühlte und bei dem notwendig mit dem Gefühle vereinigten Anschauen des Objekts in die Form der Anschauung aufgenommene Streben ist der ursprüngliche und unmittelbare Maßstab für alle Ortsbestimmung. Es ist nicht möglich, etwas in den Raum zu setzen, ohne sich selbst darinnen zu finden, außer indem man Objekt darin setzt. S. 122
Unser Streben oder unser praktisches Handeln ist nach dem vorigen Paragraphen der Maßstab aller Raumbestimmung. Innere oder reine Kraft ist die unmittelbar und also intellektuell angeschaute Wirksamkeit des Wollens, durch welche das ganze freie Vermögen des Ich sich auf einen Punkt richtet. Äußere oder physische Kraft ist eben diese Energie, von der sinnlichen Anschauung durch eine Zeitreihe ausgedehnt, in welcher das Mannigfaltige des durch Kausalität des // Wollens bestimmten Gefühlsvermögens in das Verhältnis der Dependenz gebracht wird, durch welches Verhältnis allein es in die Einheit des Bewussseins aufgenommen werden kann; aber eine solche physische Kraft kann nur in einer realen Wirksankeit gesetzt werden, folglich ist die Ortsbestimmung der Dinge und daher das Bewusstsein selber nur zufolge einer reellen Wirksamkeit möglich. S. 134//135
Reelle Wirksamkeit ist nur möglich nach einem Zweckbegriffe und ein Zweckbegriff nur unter der Bedingung einer Erkenntnis, und diese [ist] nur unter der Bedingung einer reellen Wirksamkeit möglich; und das Bewusstsein würde durch einen Zirkel, und also gar nicht erklärt.
Es muss daher etwas geben, das Objekt der Erkenntnis und der Wirksamkeit zugleich sei. Alle diese Merkmale sind nur in einem allem empirischen Wollen und aller empirischen Erkenntnis vorauszusetzenden reinen Willen vereinigt. Dieser reine Wille ist etwas bloß Intelligibles, wird aber, inwiefern er sich durch ein Gefühl des Sollens äußert und zufolge dessen gedacht wird, aufgenommen in die Form des Denkens überhaupt als ein Bestimmtes im Gegensatz eines Bestimmbaren, dadurch werde ich das Subjekt dieses Willens, ein Individuum, und als Bestimmbares dazu wird mir ein Reich vernünftiger Wesen.
Aus diesem reinen Begrifffe lässt sich ableiten und muss abgeleitet werden das gesamte Bewusstsein.
S. 150
Der reine Wille ist unmittelbares Objekt alles Bewusstseins und aller Reflexion (§ 13); aber die Reflexion ist diskursiv; er, der reine Wille, müsste sonach ein Mannigfaltiges sein. Dies ist er ursprünglich nicht, sondern wird es erst durch Beziehung auf seine Beschränktheit, wodurch er Wille wird, in der Reflexion selbst, welche absolut frei ist, und deren Freiheit und ganzes Wesen überhaupt in dieser Beziehung besteht, teils dass sie überhaupt geschehe, teils dass sie so oder anders geschehe. Diese Reflexion erscheint als ein Wollen, in wiefern sie selbst bloß gedacht, und als ein Tun, in wiefern sie angeschaut wird. Und sie ist der Grund alles empirischen Bewusstseins.
Im einzelnen Akte derselben erblickt das Vernunftwesen sich in doppelter Rücksicht, teils als beschränkt, teils als handelnd in der Beschreibung der Beschränkung; das erste äußerlich, das letzte innerlich, und dadurch schreibt es sich zu ein Organ überhaupt, und dieses als innerliches und äußerliches. Die Beziehung der Beschränktheit auf die Reflexion ist das Gefühl. Das Beschränkende ist nur für die ideale Tätigkeit im Denken der realen, und so ist die unmittelbare Vereinigung der Erkenntnis des Objekts mit dem Willen erklärt. S. 165
Aber die Beschränktheit ist nicht Beschränktheit des Ich und ist nicht für das Ich, wenn nicht das Ich selbst sie zufügt. Sonach kann die ursprüngliche Beschränktheit des Willens nichts anderes bedeuten, als eine Aufgabe für das Ich, seinen Willen selbst zu beschränken, und die besondere Ankündigung dieser Aufgabe im empirischen Bewusstsein kann nichts anderes sein als ein Begriff, durch welchen eine bestimmte Selbstbeschränkung gefordert wird, durch dessen Auffassung erst Gefühl und Anschauung entsteht. Alles Bewusstsein geht sonach vom Denken eines lediglich Intelligiblen aus. S. 172
Diese Aufgabe, sich selbst zu beschränken, ist von einer anderen Seite angesehen Aufforderung zu einer freien Tätigkeit (da sie nicht erscheint als hervorgehend aus dem Individuo, sondern einer Vernunft außer uns); aber es ist keine Bestimmung durch uns selbst, wenn sie nicht durch ein wirkliches Wollen begleitet ist, es schließt sonach das Bewusstsein eines wirklichen Wollens an jene Wahrnehmung einer Aufforderung zur Freiheit sich an.
Anmerkung: Die Hauptschwierigkeit war: Das Bewusstsein kann weder durch Wollen noch Erkennen allein angeknüpft werden, sondern von beiden; aber diese sind von einander unabhängig? - Allerdings hebt es von beiden an, nur ist die Erkenntnis, von der es anhebt - Aufforderung zur freien Tätigkeit -, Kenntnis davon, dass uns ein Zweck gegeben wird; an diese schließt sich in demselben Moment ein Wollen an. In diesem X ist Wol- len und Erkenntnis vereint. S. 178
Das
Ich ist, wie bekannt, das durch sich selbst Tätige und durch diese
Tätigkeit auf sich Wollende. Das Ich findet sich heißt offenbar, es
findet sich tätig auf sich selbst. Dass das Ich sich wollend findet in
dieser Tätigkeit auf sich selbst kommt daher, weil sein ursprünglich
nicht weiter abzuleitendes, sondern für alle Erklärung voraus zu
setzendes Wesen ein Wollen ist, jedes Objekt der freien Reflexion auf
sich
selbst sonach sein Wollen werden muss. -
Anmerkung. A. Wollen ist zuvörderst ein selbsttätiges Bestimmen, alles Bestimmen ist durch die Einbildungskraft vermittelt, es ist ein tätiges Bestimmen zu einem Zweckbegriffe. Sonach ist der ganze Begriff des Wollens sinnlich, alles Wollen ist Erscheinung, das reine Wollen wird bloß als Erklärungsgrund vorausgesetzt, es ist in unserer Vorstellung und Sprache nicht zu fassen; = absolute Selbstheit, Autonomie, Freiheit, alles ist gleich unbegreiflich. Die Freiheit lässt sich nur negativ beschreiben, durch: nicht bestimmt zu werden - abermals sinnlich.
Kurz, es ist das, was möglich macht, dass ich mich als selbsttätig, als Ich denken kann. Dieses ist das Materiale in allem Bewusstsein. Um das Formale zu erklären, muss man die Reflexion voraussetzen. Dies ist =X, das Absolute, das nur Grund ist, es liegt in demselben absolutes Subjektives und absolutes Objektives.
Anmerkung. A. Wollen ist zuvörderst ein selbsttätiges Bestimmen, alles Bestimmen ist durch die Einbildungskraft vermittelt, es ist ein tätiges Bestimmen zu einem Zweckbegriffe. Sonach ist der ganze Begriff des Wollens sinnlich, alles Wollen ist Erscheinung, das reine Wollen wird bloß als Erklärungsgrund vorausgesetzt, es ist in unserer Vorstellung und Sprache nicht zu fassen; = absolute Selbstheit, Autonomie, Freiheit, alles ist gleich unbegreiflich. Die Freiheit lässt sich nur negativ beschreiben, durch: nicht bestimmt zu werden - abermals sinnlich.
Kurz, es ist das, was möglich macht, dass ich mich als selbsttätig, als Ich denken kann. Dieses ist das Materiale in allem Bewusstsein. Um das Formale zu erklären, muss man die Reflexion voraussetzen. Dies ist =X, das Absolute, das nur Grund ist, es liegt in demselben absolutes Subjektives und absolutes Objektives.
Jede Reflexion ist ein sich-Bestimmen, und dieses schaut das Reflektierende unmittelbar an; aber es schaut dasselbe an durch die Einbildungskraft hindurch, sonach als ein bloßes Vermögen der Selbstbestimmung, und durch dieses abstrakte Denken (als Vermögen) entsteht das Ich für sich selbst // als etwas, als ein rein Geistiges, lediglich Ideales, und wird seiner Tätigkeit des bloßen Denkens und Wollens als einer solchen sich bewusst.
Nun ist aber diese Reflexion ein sich-Bestimmen, aber der oben beschriebene Akt der Einbildungskraft ist ein Akt des Ich und wird sonach bestimmt. Demnach wird in demselben ungeteilten Akte das reine Denken durch die Einbildungkraft versinnlicht und das durch die Einbildungskraft Versinnlichte durch das reine Denken bestimmt (Wechselwirkung des Anschauens und Denkens). Durch diese Bestimmung entsteht ein geschlossenes Vermögen des Ich als sinnliche Kraft und eine Bestimmtheit desselben (Begriff der Substantialität). Zu der Bestimmtheit dieser sinnlichen Kraft wird ein Objekt hinzugdacht und durch sie im Denken bestimmt (Begriff der Kausalität).
Populäre Wiederholung
Das
sich Bestimmende,
sich selbst zu etwas Bestimmten Machende ist das Ich. 'Das Ich findet
sich' heißt daher: Es findet dieses sich-selbst-Bestimmen, denn es ist
nicht, wie der Dogmatiker sagt, so, dass die Begriffe in mir als etwas
fertiges Erstes lägen. Und 'Dies ist der erste Begriff' heißt selbst: Er
wird erzeugt aus einem Mannigfaltigen, welches dargelegt ist. Dass
dies sich-Machen-zu-einem-Bestimmten gefunden werde, dazu gehört
Vergleichung meines Seins (des Bestimmten) und meines Tuns (des Machens
zu
diesem Bestimmten).
Aber wie weiß ich, dass ich es tue? Dies dadurch, dass ich unmittelbar von meinem Tun weiß, und dass ich selbst das sei, weiß ich [dadurch], dass ich unmittelbar von diesem Sein weiß. Darauf bedarfs keiner weiteren Antwort; also bloß darauf, wie ich wisse, dass aus jenem meinem Tun dieses Sein folge; und die Lösung dieser Aufgabe wäre die Deduktion des Selbstbewusstseins und mit ihm alles anderen Bewusstseins. -
Aber wie weiß ich, dass ich es tue? Dies dadurch, dass ich unmittelbar von meinem Tun weiß, und dass ich selbst das sei, weiß ich [dadurch], dass ich unmittelbar von diesem Sein weiß. Darauf bedarfs keiner weiteren Antwort; also bloß darauf, wie ich wisse, dass aus jenem meinem Tun dieses Sein folge; und die Lösung dieser Aufgabe wäre die Deduktion des Selbstbewusstseins und mit ihm alles anderen Bewusstseins. -
Tun und Sein sind ganz dasselbe, nur von verschiedenen Seiten angesehen. Diese doppelte Ansicht muss sein, wenn ein Ich sein soll, aus ihr geht erst das Ich hervor. Sieht das Ich sein reines Denken durch die Einbildungskraft hindurch, so entsteht ihm ein // Tun. Denkt es das wieder, was durch die Einbildungskraft dargestellt ist, so wird es zum Sein. Das reine Denken und Wollen macht also notwendig das Ich aus. Wie ein Ich gesetzt ist, ist es gesetzt; wie ein Ich gesetzt ist, ist ein Bewusstsein gessetzt wie das beschriebene.
Da das Ich in dem
Anschauen seines reinen Denkens zugleich bestimmt ist, so wird ihm
notwendig dieses reine Denken selbst (das heißt, das Ich als Produkt // dieses Denkens als freies Wesen) ein Bestimmtes. Ein freies Wesen als
solches kann aber nur bestimmt sein durch die Aufgabe, sich selbst mit
Freiheit zu bestimmen. Indem das Ich dieses denkt, geht es von einer
Sphäre der Freiheit überhaupt als Bestimmbaren über zu sich als dem in
dieser Sphäre Bestimmten, und setzt sich dadurch als Individuum, im
Gegensatz mit einer Vernunft und Freiheit außer sich.
Das Denken des Ich als [eines] freien, aber beschränkten Wesens und das des NichtIch als [eines] für sich bestehenden Dinges sind gegenseitig durch einander bestimmt. Das Ich schaut an seine Freiheit nur in den Objekten seines Handelns, und es schaut an diese Objekte nur, inwiefern es mit Freiheit auf sie handelt. S. 225//226
Die Beschränkteit des Ich, versinnlicht und als Wahrnehmung, erscheint als Aufforderung zu einem freien Handeln. Diese Wahrnehmung als Beschränkung unserer physischen Kraft - vorausgesetzt, dass wir uns, uns selbst überlassen, [sic] es wird sonach als das Bestimmende zu dieser Beschränkung eine physische Kraft außer uns gesetzt, die durch freien Willen eines durch diesen Willen bestimmten und charakterisierten freien Individuums außer uns regiert werde. Das Bestimmbare davon gibt den Begriff und die Wahrnehmung eines artikulierten Leibes, einer Person außer uns.
Dieser (der Leib) ist
Naturprodukt, und also, da er aus Teilen besteht, die nur in ihrer
Verbindung dieses bestimmte Ganze ausmachen, hat die Natur in sich
selbst das Gesetz, dass ihre Teile sich notwendig zu Ganzen, die wieder
ein einziges Ganze[s]
ausmachen, vereinen. Die Natur ist organisiert und organisierend und
wird, so wie ein vernüntiges Wesen außer mir gesetzt ist, also gesetzt.
Der Umfang dessen, was notwendig im Bewusstsein vorkommen muss, ist
erschöpft.
// Bemerkung: Nur als organisiert und organisierend ist die Natur erfahrbar, außerdem* wird man durch das Gesetz der Kausalität immer weiter hinausgetrieben. Dadurch fallen die Kantischen Antinomien der Vernunft ganz weg, da sie bloß Antinomien des freien Räsonnements sind.
// Bemerkung: Nur als organisiert und organisierend ist die Natur erfahrbar, außerdem* wird man durch das Gesetz der Kausalität immer weiter hinausgetrieben. Dadurch fallen die Kantischen Antinomien der Vernunft ganz weg, da sie bloß Antinomien des freien Räsonnements sind.
*) [=andernfalls]
Auf diese Weise haben
die alten Philosophen die Beweise für Gott aus der Welt hervorgebracht,
aus Verzweiflung, indem sie doch einmal bei etwas stehenbleiben
wollten. -
Man muss die Vernunft als Ganzes auffassen,
dann findet kein Widerstreit statt, dann ist die Natur ganz absolut
durch sich selbst gesetzt als absolutes Sein, entgegengesetzt nur dem
absoluten Ich. Diese Ansicht muss eine Naturwissenschaft nehmen. S. 239//240