Carl Spitzweg, Drachensteigen
Die
Einbildungskraft setzt überhaupt keine feste
Grenze; denn sie hat selbst keinen festen Standpunkt; nur die Vernunft setzt etwas Festes, dadurch, daß sie erst
selbst die Einbildungskraft fixiert. Die
Einbildungskraft ist ein Vermögen, das zwischen Bestimmung und
Nicht-Bestimmung, zwischen Endlichem und Unendlichem in der Mitte schwebt. ... Jenes Schweben eben bezeichnet die
Einbildungskraft durch ihr Produkt: sie bringt
dasselbe gleichsam während ihres Schwebens, und durch
dieses Schweben hervor. ...
Im praktischen Felde geht die Einbildungskraft fort
ins Unendliche, bis zu der schlechthin unbestimmbaren Idee der höchsten
Einheit, die nur nach der vollendeten Unendlichkeit möglich wäre, welche selbst
unmöglich ist. ...
Ohne Unendlichkeit des Ich - ohne eine absolutes, in
das Unbegrenzte und Unbegrenzbare hinausgehende Produktions-Vermögen desselben
ist auch nicht einmal die Möglichkeit der Vorstellung zu erklären. Aus dem
Postulate, daß eine Vorstellung sein solle, welches enthalten ist in dem Satze:
das Ich setzt sich, als bestimmt durch das Nicht-Ich, ist nunmehr dieses
absolute Produktionsvermögen synthetisch abgeleitet und erwiesen.
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J. G. Fichte, Grundlage der gesammten Wissenschaftslehre, SW
I, S. 217f.
Nota. - Würde die Einbildungskraft nicht schweben, müsste die Vernunft das in der Vorstellung Erscheinende nicht bestimmen.
JE
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