Montag, 26. November 2018

Grundstein der Vernunft.


Nicht die Philosophie, sondern die Aufgabe, die Tendenz zur Philosophie geht aus von dem Facto, dass wir Bewusstsein haben. Unter den Bestimmungen und Zuständen unseres Bewusstseins, die wir Vorstellungen nennen, sind einige begleitet von dem Gefühle der Notwendigkeit, andre hingegen hängen bloß von unserer Willkür ab.

1. An diesem Factum zweifelt niemand; es kann keine Frage darüber entstehen, und wer da nach einem Beweise fragt, der weiß nicht, was er will. ...

2. Bemerke man wohl, wie diese Tatsache gestellt ist; es ist behauptet worden, es gibt Vorstellungen mit dem Gefühle der Notwendigkeit begleitet, dass ihnen Dinge entsprechen; nicht, daß Dinge sind.

3. An dies unbezweifelt gewisse Factum wird etwas angeknüpft, nämlich die Idee eines Grundes. Nämlich der Philosoph fragt: Welches ist der Grund der in mir mit dem Gefühl der Notwendigkeit vorkommenden Vorstel- lungen? Dass es einen Grund gebe, wird als ausgemacht angenommen, die Frage lautet nur: Welches ist dieser Grund?
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Wissenschaftslehre nova methodo , Hamburg 1982, S. 12


Nota. - Der Ausgangspunkt der Transzendentalphilosophie ist, dass Vernunft ist. Sie mag nicht allerorts jeder- zeit herrschen; aber zu ihrem Wesen gehört, dass sie allgemeine Herrschaft beansprucht. Oder anders, unter ihrem Namen könnte jeder allezeit Herrschaft beanspruchen. Es gilt also festzustellen, was Vernunft ist. 

Diese Arbeit heißt Vernunftkritik. Sie beginnt mit einer Bestandsaufnahme: Was gilt allenthalben als vernünftig? Dieses ist zu überprüfen. Der vernünftige Mensch unterscheidet in seinem Bewusstsein zwischen Vorstellun- gen, die wahr sind, und solchen, die er frei erfunden hat. Das ist bei Licht betrachtet die allererste Prämisse, von der Menschen ausgehen, die miteinander in einem vernünftigen Verkehr stehen.

Was ist eine wahre, was ist eine frei erfundene Vorstellung? Wahr ist eine Vorstellung, der außerhalb des Be- wusstseins etwas Wirkliches entspricht, erfunden ist eine, der außerhalb des Bewusstseins nichts entspricht. Die Frage ist nun: Wie kommt das Bewusstsein zu der Annahme, dass es Vorstellungen gibt, denen Etwas entspricht - und woran erkennt man den Unterschied?

Von Anfang an ist klargestellt: Die Wissenschaftslehre wirft nicht die Frage auf, ob die Welt wirklich ist. Sie un- tersucht lediglich die Gründe, die uns berechtigen, sie dafür zu halten. Weiter kann sie schlechterdings nicht fragen. Sie kommt aus dem Bewusstsein und geht an keiner Stelle über das Bewusstsein hinaus. 

Etwa in die Dinge hinein? Wie sollte das möglich sein?
JE








Nota. Das obige Foto gehört mir nicht, ich habe es im Internet gefunden. Wenn Sie der Eigentümer sind und seine Verwendung an dieser Stelle nicht wünschen, bitte ich um Nachricht auf diesem Blog. JE  

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