Sonntag, 5. Januar 2014

Bilder selbst entwerfen.

Guglielmo Lange, Giotto enfant dessinant une tête de bélier  

Jenes Vermögen, Bilder, die keinesweges blosse Nachbilder / der Wirklichkeit seyen, sondern die da fähig sind, Vorbilder derselben zu werden, selbstthätig zu entwerfen, wäre das erste, wovon die Bildung des Geschlechtes durch die neue Erziehung ausgehen müsste. Selbstthätig zu entwerfen, habe ich gesagt, und also, dass der Zög- ling durch eigene Kraft sie sich erzeuge, keinesweges etwa, dass er nur fähig werde, das durch die Erziehung ihm hingegebene Bild leidend aufzufassen, es hinlänglich zu verstehen, und es, also wie es ihm gegeben ist, zu wieder- holen, als ob es nur um das Vorhandenseyn eines solchen Bildes zu thun wäre. 

Der Grund dieser Forderung der eignen Selbstthätigkeit in diesem Bilden ist folgender: nur unter dieser Bedin- gung kann das entworfene Bild das thätige Wohlgefallen des Zöglings an sich ziehen. Es ist nemlich ganz etwas anderes, sich etwas nur gefallen zu lassen, und nichts dagegen zu haben, dergleichen leidendes Gefallenlassen allein höchstens aus einem leidenden Hingeben entstehen kann; wiederum aber etwas anderes, von dem Wohlge- fallen an etwas also ergriffen werden, dass dasselbe schöpferisch werde, und alle unsere Kraft zum Bilden anrege.
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Reden an die deutsche Nation, 2. Rede, SW VII, S. 284f.


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