Es war die Rede von dem
Mannigfaltigen des Gefühls, inwiefern wir Kausalität haben; oder wie wir
Einheit in das Mannigfaltige bringen dadurch, dass wir es auf unser
Wollen beziehen und davon ableiten. Das ist der An- fang alles
Bewusstseins.
Diesen Zustand wollen wir näher betrachten: In ihm liegt zweierlei ganz Verschiedenes. Es sind gleichsam zwei Seiten, auf der einen etwas Sinnliches, das Mannigfaltige des Gefühls; auf der anderen Seite das intelligible Ich, das Wollende. In der Mitte als Vereinigung von beiden: das Denken meiner selbst als enthaltend den Grund der Sukzession des Mannigfaltigen. Wie ist nun dieses Denken meiner selbst möglich?
Dies untersuchen wir jetzt. Wie finde ich mich, wie werde ich mir gegeben? Denn das Denken ist ein idealer Akt, welcher sein Objekt als gegeben voraussetzt.
Im vorigen Paragraphen haben wir vorläufig geantwortet: Dieses Denken bezieht sich auf eine intellektuelle Anschauung; //142// und dies muss hier näher bestimmt werden. Was ist denn nun die intellektuelle Anschauung selbst, und wie entsteht sie?
Entstehen ist ein Zeitbegriff, ein Sinnliches, aber die intellektuelle Anschauung ist nicht sinnlich, sie entsteht also nicht, sie ist; und es kann nur von ihr gesprochen werden im Gegensatz zur sinnlichen.
Zuvörderst kommt die intellektuelle Anschauung nicht unmittelbar vor, sondern sie wird in jedem Denkakte nur gedacht, sie ist das Höchste im endlichen Wesen. Auch der Philosoph kann sie nur durch Abstraktion und Reflexion zu Stande bringen.
Negativ angeschaut ist sie keine sinnliche [Anschauung], die Form der sinnlichen Anschauung ist Übergehen vom Bestimmbaren zur Bestimmtheit. Dies muss in jenem Wollen, insofern es intellektuell angeschaut wird, ganz und gar wegfallen, und es bleibt nur ein bloßes Anschauen unserer Bestimmtheit, die da ist, aber nicht wird. (Die Anschauung der Form nach versteht sich von selbst, denn das Ich muss beibehalten werden.) Es wäre sonach ein bloßes Anschauen meiner selbst als eines Bestimmten.
Wie wird nun diese Bestimmtheit erscheinen? Erscheinung passt nur auf sinnliche Wahrnehmung, wie kommt sie also in der sinnlichen Wahrnehmung vor? Als ein Wollen, aber der Charakter des Wollens ist nach dem Obi- gen ein Sollen, ein Fordern. Sonach müsste diese Bestimmtheit erscheinen als bestimmtes, absolutes Sollen, als kategorische Forderung. Diese bloße Form des Sollens, dieses absolute Fordern ist noch nicht das Sittengesetz; dieses wird es erst, in wiefern es auf eine sinnliche Willkür bezogen wird, und davon ist hier noch nicht die Rede.
Man könnte es nennen reinen Willen, abgesondert von aller Bedingung der Anschauung. Dieser müsste es sein, welchen wir jenem Denken, das wir beschrieben, zum Grunde legen. Aber nun weiß ich wohl das Was, auf wel- ches jenes Denken geht, aber nicht das Wie. Das vermittelnde Glied zwischen diesem Denken und Wollen müss- te ein Gefühl sein, denn es ist ein notwendiges Denken. Was könnte dies nun für ein Gefühl sein?
Diesen Zustand wollen wir näher betrachten: In ihm liegt zweierlei ganz Verschiedenes. Es sind gleichsam zwei Seiten, auf der einen etwas Sinnliches, das Mannigfaltige des Gefühls; auf der anderen Seite das intelligible Ich, das Wollende. In der Mitte als Vereinigung von beiden: das Denken meiner selbst als enthaltend den Grund der Sukzession des Mannigfaltigen. Wie ist nun dieses Denken meiner selbst möglich?
Dies untersuchen wir jetzt. Wie finde ich mich, wie werde ich mir gegeben? Denn das Denken ist ein idealer Akt, welcher sein Objekt als gegeben voraussetzt.
Im vorigen Paragraphen haben wir vorläufig geantwortet: Dieses Denken bezieht sich auf eine intellektuelle Anschauung; //142// und dies muss hier näher bestimmt werden. Was ist denn nun die intellektuelle Anschauung selbst, und wie entsteht sie?
Entstehen ist ein Zeitbegriff, ein Sinnliches, aber die intellektuelle Anschauung ist nicht sinnlich, sie entsteht also nicht, sie ist; und es kann nur von ihr gesprochen werden im Gegensatz zur sinnlichen.
Zuvörderst kommt die intellektuelle Anschauung nicht unmittelbar vor, sondern sie wird in jedem Denkakte nur gedacht, sie ist das Höchste im endlichen Wesen. Auch der Philosoph kann sie nur durch Abstraktion und Reflexion zu Stande bringen.
Negativ angeschaut ist sie keine sinnliche [Anschauung], die Form der sinnlichen Anschauung ist Übergehen vom Bestimmbaren zur Bestimmtheit. Dies muss in jenem Wollen, insofern es intellektuell angeschaut wird, ganz und gar wegfallen, und es bleibt nur ein bloßes Anschauen unserer Bestimmtheit, die da ist, aber nicht wird. (Die Anschauung der Form nach versteht sich von selbst, denn das Ich muss beibehalten werden.) Es wäre sonach ein bloßes Anschauen meiner selbst als eines Bestimmten.
Wie wird nun diese Bestimmtheit erscheinen? Erscheinung passt nur auf sinnliche Wahrnehmung, wie kommt sie also in der sinnlichen Wahrnehmung vor? Als ein Wollen, aber der Charakter des Wollens ist nach dem Obi- gen ein Sollen, ein Fordern. Sonach müsste diese Bestimmtheit erscheinen als bestimmtes, absolutes Sollen, als kategorische Forderung. Diese bloße Form des Sollens, dieses absolute Fordern ist noch nicht das Sittengesetz; dieses wird es erst, in wiefern es auf eine sinnliche Willkür bezogen wird, und davon ist hier noch nicht die Rede.
Man könnte es nennen reinen Willen, abgesondert von aller Bedingung der Anschauung. Dieser müsste es sein, welchen wir jenem Denken, das wir beschrieben, zum Grunde legen. Aber nun weiß ich wohl das Was, auf wel- ches jenes Denken geht, aber nicht das Wie. Das vermittelnde Glied zwischen diesem Denken und Wollen müss- te ein Gefühl sein, denn es ist ein notwendiges Denken. Was könnte dies nun für ein Gefühl sein?
Gefühl ist Beschränkung des Strebens, sonach müsste das Streben über jene durch das reine Wollen ursprüng- //143//lich bestimmte Streben-Sphäre hinausgehen; und aus der Beschränktheit dieses Strebens durch das reine Wollen würde das Gefühl des Nichtdürfens über jene Sphäre des Sollens innerhalb dieser Sphäre, entstehen [sic].
(Das Herausgehen über jene durch den reinen Willen bestimmte Sphäre ist selbst etwas Sinnliches, weil es dem reinen Wollen, dem eigentlichen wahren Ich entgegegesetzt ist.)
Wir finden also Freiheit und Beschränktheit ursprünglich vereinigt in der kategorischen Forderung, die notwen- dig angenommen werden muss, wenn Bewusstsein erklärt werden soll: Freiheit, indem angefangen werden soll, Beschränktheit, in wiefern über die bestimmte Sphäre nicht hinausgegangen werden soll.
Das reine Wollen ist der kategorische Imperativ; es wird aber hier nicht so gebraucht, sondern nur zur Erklä- rung des Bewusstseins überhaupt. Kant braucht den kategorischen Imperativ nur zur Erklärung des Bewusst- seins der Pflicht.
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Wissenschaftslehre nova methodo, Hamburg 1982, S. 141ff.
Nota. - Das reine Wollen ist der kategorische Imperativ der Wissenschaftslehre. Während bei Kant der katego- rische Imperativ erst in der praktischen Philosophie vorkommt zur Erklärung des Bewusstseins der Pflicht, liegt er in der neuen Darstellung der Wissenschaftslehre dem ganzen System zu Grunde. Das reine Wollen ist diejenige prädikative Qualität, aus deren absoluter Unbestimmtheit sich ein Ich heraus und einem Nichtich entgegen setzen soll.
Es wird nicht behauptet, dass es so ist. Es wird gesagt, dass man es sich so vorstellen muss, wenn man (zum Schluss) die Wirklichkeit des vernünftigen Bewusstsein verstehen will. Auf letzteres kommt es an; es muss also nicht nur gezeigt werden, wie es möglich ist, dass aus dem reinen Wollen sich durch reelles Wollen in der sinn- lichen Welt etwas zu etwas bestimmt, sondern es muss vor allem gezeigt werden, wie es davon ein Bewusstsein er- langt. Im Akt selber geschieht das nicht. Wenn die Tätigkeit nicht an einem Punkt beschränkt wird, läuft sie ins Unendliche fort und ist nicht zu halten. Sie muss an einer Grenze zum Stehen kommen, um bestimmt werden zu können, und die kann nur von einem Gefühl gesetzt werden.
Das Gefühl wiederum kann angeschaut werden. Nicht aber die Tätigkeit, wodurch es möglich wurde! Entstan- den als ein Bestimmtes ist dagegen das Tätige. Als ein solches kann es gedacht werden - nämlich als gegeben. Als eines, das schon da war, bevor es erschien. Es schaut das Ich sich an als sich selbst vorausgesetzt: wie ein als sich-selbst-Bestimmendes bestimmt. Hinter dem empirischen Wollen von diesem oder jenem scheint so das reine Wollen als ein Sollen auf.
Wann immer ein Ich wirklich etwas denkt, denkt es diesen Vorgang mit, indem es ihn sachlich voraussetzt. Doch zu Bewusstsein kommt er ihm nicht von allein. Anschauen kann es ihn nur in der Vorstellung, aber das muss es wollen, in freier Reflexion.
Postskriptum zum Nicht-Dürfen: Die Beschränkung der realen Tätigkeit durch das Gefühl ist ein Schranke für das Wollen. Nichts anderes bedeutet Nicht-Dürfen hier. Von Moral ist noch gar nicht die Rede.
JE