Freitag, 26. September 2014

Logisch, historisch, genetisch.


Harald Wanetschka  / pixelio.de

Fichte unterscheidet regelmäßig zwischen logischer, historischer und genetischer Darstellung. Das mag ver- wirren, weil das, was er genetisch nennt, im herkömmlichen Verständnis mal logisch, mal historisch genannt werden würde.

Eine logische Darstellung konstruiert aus der Kombination vorgegebener Begriffe neue Begriffe; das nennt sie definieren. Eine historische Darstellung dagegen erzählt, was empirisch zu beobachten ist;  die wirkliche Geschichte der Philosophie zum Beispiel. Auch Fichte erzählt - das, was er im wirklichen Bewusstsein vorfindet. Aber er will es verständlich machen. Begriffe kann er dabei noch nicht gebrauchen; denn damit wir etwas darunter verstehen können, müsste er dieselben zuerst einmal 'vor unseren Augen entstehen lassen' - und ebendas nennt er das genetische Verfahren. 

Logisch ist es wohl, aber nicht formal- und schluss-logisch, sondern material-logisch: Die Vorstellungen müssen entwickelt werden, welche durch die (wechselnden) Begriffen bezeichnet werden sollen. Es wird vorgeführt, welche weiteren Vorstellungen sich aus einer gegebenen Vostellung (aus Freiheit) entwickeln können oder (unter Bedingungen) müssen; und welche vorstellungsmäßigen Voraussetzungen einer gegebenen Vorstellung zum Zwecke ihres Verständnisses zu Grunde zu legen sind.

Die genetische Darstellung zeigt, wie die Vorstellungen aus einander hervorgehen - und setzt eo ipso einen schlecht- hin tätigen Vorstellenden voraus.

Der gestrige Beitrag über Trieb und Selbsttätigkeit ist das beste Beispiel. Wenn ich mich als selbsttätig vorstellen will (was ich ja tue), dann muss ich mir einen Grund dafür zuschreiben - einen 'Trieb' eben.

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Daraus erhellt im Übrigen, dass und warum die genetische Darstellung nicht im selben Maße zwingend sein kann wie die logische (die diskursive, im herkömmlichen Sinn wissenschaftliche). Die Vorstellungen haben einen anschaulichen Kern, der als solcher nicht mitgeteilt werden kann. Es kann ihn nur jeder (auf Aufforderung) selber in sich hervorbringen; doch erst, wenn er will.


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