Sonntag, 2. Februar 2014

Den Anfang muss man suchen.



Soll die nothwendige Handlungsart der Intelligenz an sich in die Form des Bewusstseyns aufgenommen werden, so müsste sie schon als solche bekannt seyn, sie müsste mithin in diese Form schon aufgenommen seyn; und wir wären in einem Cirkel eingeschlossen.

Diese Handlungsart überhaupt, soll nach dem obigen durch eine reflectirende Abstraction von allem, was nicht sie ist, abgesondert werden. Diese Abstraction geschieht durch Freiheit, und die philosophirende Urtheilskraft wird in ihr gar nicht durch blinden Zwang geleitet. Die ganze Schwierigkeit ist also in der Frage enthalten: nach welchen Regeln verfährt die Freiheit in jener Absonderung? wie weiss der Philosoph, was er / als nothwendige Handlungsweise der Intelligenz aufnehmen und was er als ein zufälliges liegen lassen solle?

Das kann er nun schlechterdings nicht wissen, wofern nicht etwa dasjenige, was er erst zum Bewusstseyn erheben soll, schon dazu erhoben ist; welches sich widerspricht. Also giebt es für dieses Geschäft gar keine Regel, und kann keine geben. Der menschliche Geist macht mancherlei Versuche; er kommt durch blindes Herumtappen zur Dämmerung, und geht erst aus dieser zum hellen Tage über. Er wird Anfangs durch dunkle Gefühle* (deren Ursprung und Wirklichkeit die Wissenschaftslehre darzulegen hat) geleitet; und wir hätten noch heute keinen deutlichen Begriff, und wären noch immer der Erdkloss, der sich dem Boden entwand, wenn wir nicht angefangen hätten, dunkel zu fühlen, was wir erst später deutlich erkannten. 

*) Es erhellet daraus, dass der Philosoph der dunklen Gefühle des Richtigen oder des Genie in keinem geringeren Grade bedürfe, als etwa der Dichter oder der Künstler; nur in einer anderen Art. Der letztere bedarf des Schönheits-, jener des Wahrheits-Sinnes; dergleichen es allerdings giebt. [Anmerkung zur 1. Ausgabe.]

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Über den Begriff der Wissenschaftslehre, SW I, S. 72f.
 



 

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