Montag, 7. Juli 2014
Ein Nec plus ultra der Kritik?
rachelgravesart
Was ist wahr; was ist gut? – Die Beantwortung dieser Fragen, die jedes philosophische System beabsichtigen muss, ist auch das Ziel des meinigen. Dieses System behauptet zuvörderst gegen diejenigen, welche alles Gewisse in der menschlichen Erkenntniss läugnen, dass es etwas absolut wahres und gutes gebe. Es zeigt gegen diejenigen, welche unsere gesammte Erkenntniss aus der Beschaffenheit unabhängig von uns vorhandener Dinge erklären wollen, dass es nur insofern Dinge für uns giebt, als wir uns derselben bewusst sind, und wir sonach mit unserer Erklärung des Bewusstseyns zu den von uns unabhängig, vorhandenen Dingen nie gelangen können.
Es behauptet – und darin besteht sein Wesen, – dass durch den Grundcharakter und die ursprüngliche Anlage der Menschheit überhaupt eine bestimmte Denkart festgesetzt sey, / die zwar nicht nothwendig bei jedem einzelnen in der Wirklichkeit sich finde, auch sich ihm nicht andemonstriren lasse, wohl aber einem jeden schlechterdings angemuthet werden könne. Es gebe etwas den freien Flug des Denkens anhaltendes und bindendes, bei welchem jeder Mensch sich beruhigen müsse; welches in unserer eigenen Natur, aber freilich ausserhalb des Denkens selbst, liege; indem, was das letztere betrifft, dem Skepticismus die absolute Unaufhaltsamkeit der Speculation durch ihre eigenen Gesetze vollkommen zuzugeben sey.
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Appellation an das Publicum über die durch ein Churf. Sächs. Confiscationsrescript ihm beigemessenen atheistischen Aeusserungen, SW V, S. 202f.
Nota.
Hier sagt er es buchstäblich: Die Frage nach dem Woher (und folglich dem Wozu) der Vernunft ist die Stelle, wo die kritische Analyse des Transzendentalphilosophen an ihr Ende kommt. Sich selbst kann die Vernunft eben doch nicht zum Gegenstand machen. Das war allerdings der Sinn und Zweck der Kritischen Philosophie gewesen. Fichte hat ihn sich schließlich von Jacobi ausreden lassen.
JE
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