§
3. Zweiter Lehrsatz
Das endliche Vernunftwesen kann eine freie Wirksamkeit in der Sinnenwelt sich nicht zuschreiben, ohne sie auch anderen zuzuschreiben, mithin auch andere endliche Vernunftwesen ausser sich anzunehmen.
Beweis
I.
a. Das vernünftige Wesen kann,
nach dem §1. geführten Beweise, kein Object setzen (wahrnehmen und begreifen),
ohne zugleich, in derselben ungetheilten Synthesis, sich eine Wirksamkeit
zuzuschreiben.
b. Aber es kann sich keine
Wirksamkeit zuschreiben, ohne ein Object, auf welches diese Wirksamkeit gehen
soll, gesetzt zu haben. Das Setzen dieses Objects, als eines durch sich selbst
bestimmten, und insofern die freie Tätigkeit des vernünftigen Wesens hemmenden,
muss in einem vorhergehenden Zeitpunct gesetzt werden, durch welchen allein
derjenige Zeitpunct, in welchem der Begriff der Wirksamkeit gefasst wird, der
gegenwärtige wird.
c. Alles Begreifen ist durch
Setzen der Wirksamkeit des Vernunftwesens; und alle Wirksamkeit ist durch eine
vorhergegangenes Begreifen desselben gedingt. Also ist jeder mögliche Moment
des Bewusstseyns, durch einen vorhergehenden Moment desselben, bedingt, und das
Bewusstseyn wird in der Erklärung der Möglichkeit schon als wirklich
vorausgesetzt. Es lässt sich überhaupt nur durch einen Cirkel erklären; es
lässt sich sonach überhaupt nicht erklären, und scheint unmöglich. ...
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Grundlage des Naturrechts nach Prinzipien der Wissenschaftslehre, SW Bd. III, S. 30
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