Sonntag, 3. Juli 2016
Bewusstsein ist kein Zustand.
Was hat man nun getan, indem man handelte, und wie hat man es getan?
Ich bin mir irgend eines Objekts B bewusst, dessen aber kann ich mir nicht bewusst sein, ohne mir meiner selbst bewusst zu sein, denn B ist nicht Ich, und ich bin nicht B. Ich bin mir aber nur dadurch meines selbst bewusst, dass ich mir des Bewusstseins bewusst bin. Ich muss mir also bewusst sein des Aktes des B, des Bewusstseins vom Bewusstsein.
Wie werde ich mir dessen bewusst? Dies geht ins Unendliche fort, und auf diese Weise lässt sich das Bewusst-sein nicht erklären. Der Hauptgrund ist, dass das Bewusstsein als Zustand des Gemüts, [also] immer als Objekt genommen wurde, wozu es den immer eines anderen Subjektes bedurfte. Wären dies die bisherigen Philosophi-en inne geworden, so würden sie vielleicht auf den rechten Punkt gekommen sein.
Dieser Einwurf ist nur so zu heben, dass man ein Objekt des Bewusstseins finde, welches zugleich Subjekt wäre; dadurch ein unmittelbares Bewusstsein aufgezeigt würde, ein Objekt, dem man nicht ein neues Subjekt entgegenzusetzen hat.
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Wissenschaftslehre nova methodo, Hamburg 1982, S. 30
Nota. - Bewusst sein ist kein Zustand. 'Sondern ein Akt', müsste hier folgen; actus purus. Aber das ist eher ein Thema der Psychologie und interessiert F. an dieser Stelle nicht. Hier geht es darum: Wenn ich mir das Be-wusstsein als einen Zustand vorstelle, erscheint es als ruhendes Objekt eines Vorstellenden und nicht selbst als vorstellend - und folglich als etwas anderes als ich, es kommt niemals in mich hinein und ich nicht in es. Die Vorstellung, dass ich auf bewusste Weise bin, und zwar in der Verlaufsform und nicht als Ruhe, wird so abge-schnitten.
Aber dies ist immerhin ein Wink an die empirischen Psychologen, in welcher Richtung sie suchen sollen, und so behauptet die Transzendentalphilosophie immerhin ihren Nutzen als Regulativ der realen Wissenschaften.
JE
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