Mittwoch, 6. Juli 2016
Kant leugnet die intellektuelle Anschauung.
Kant leugnet die intellektuelle Anschauung, aber er bestimmt den Begriff der Anschauung so, dass sie nur sinnlich sein kann, und darum sagt er: Diese sinnliche Anschauung kann nicht intellektuell sein. Wenn einer behauptet, er / schaue das Ich an als ein Ding, wie Platner, oder wenn einer eine unmittelbare Offenbarung in sich anzuschauen glaubt, gegen den hat Kant recht.
In der sinnlichen Anschauung wird etwas Fixiertes, Ruhendes, gewöhnlich im Raume angeschaut, aber in unserer intellektuellen Anschauung wurde nur ein Handeln angeschaut. Kant hatte sie, nur reflektierte er nicht darauf; Kants ganze Philosophie ist ein Resultat dieser Anschauung, denn er behauptet, dass die notwendigen Vorstellungen Produkte eines Handelns des Vernunftwesens sei, und nicht des Leidens.
Dies konnte er doch nur durch Anschauung haben. Bei Kant findet Selbstbewusstsein statt; Bewusstsein des Anschauens in der Zeit; wie kommt er dazu? Doch nur durch eine Anschauung, und diese ist doch wohl eine intellektuelle.
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Wissenschaftslehre nova methodo, Hamburg 1982, S. 31f.
Nota. - Den sinnlichen Anteil an der Anschauung nennt Fichte Gefühl, Leiden: ein unfreier Zustand. Anschau-en ist - als ein Reflektieren auf das Gefühl - ein Handeln, und geschieht aus Freiheit. (Kant hatte zwischen An-schauung und Sinnlichkeit noch nicht unterschieden.)
Nota II. - Die intellektuelle Anschauung gehört zu dem an seiner Stelle so genannten unmittelbaren Bewusst-sein. Dieses finde statt im Handeln selbst, aber um sich 'anzuschauen', müsste es sich erst noch 'gegen sich selbst wenden', müsste sich repräsentieren und würde ipso facto mittelbar. Dies eben wäre intellektuelle Anschauung.
Das kann es an dieser Stelle noch nicht; um sich 'selbst' zu setzen, muss er sich ein Objekt entgegen gesetzt haben. Vorher ist er nicht Ich und kann auf sich nicht reflektieren und sich selbst zum Gegenstand wählen: Es muss das sinnliche Gefühl dazwischen getreten sein. Intellektuelle Anschauung ist erst als willkürlich freier Akt möglich; als der Entschluss, zu philosophieren.
JE
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