Dienstag, 19. Juli 2016

Ohne Absicht kein Finden, ohne finden kein Absehen.




So hat der gemeine Menschenverstand, ohne es zu wissen, die Sache immer genommen. Mit der Existenz der Welt wollte er sich nicht begnügen, er stieg zu einem Schöpfer auf.

Sein ist Charakter des NichtIch, der Charakter des Ich ist Tätigkeit, der Dogmatismus geht vom Sein aus und erklärt dies fürs Erste, Unmittelbare.

Indem die Tätigkeit des Ich ruhend ist in C, ist die Tätigkeit des Ich vernichtet durch das NichtIch. Jene Tätigkeit in C, die nicht eigentlich Tätigkeit ist, die man aber nennen kann die Substanz des Ich, zeigt sich wenigstens in so fern als Tätigkeit, dass sie eine Anschauung ist. Das Entgegengesetzte wäre sonach keine Anschauung, es wäre reelle Negation des Anschauens, ein Angeschautes; dies wäre abermals der Charakter des NichtIch, daher ist das NichtIch als Ding an sich eine Absurdität. Es muss immer bezogen werden auf ein Anschauendes.

Wir haben oben gesehen: Auf der Notwendigkeit des Entgegensetzens beruht der ganze Mechanismus des menschlichen Geistes; die Entgegengesetzten sind ein und dasselbe, nur angesehen von verschiedenen Seiten. Das Ich, welches in dem Beabsichtigten liegt, und das NichtIch, welches in dem Gegebenen liegt, sind ein und dasselbe. Es sind nur zwei unzertrennliche Ansichten darum, weil das Ich Subjekt-Objekt sein muss. Aus letztem Satze geht alles hervor.

Aus der ursprünglichen Anschauung entstehen zwei Reihen, die subjektive oder das Beabsichtigte und das Objektive oder das Gefundene; beide können nicht getrennt werden, weil sonst keine von beiden ist. Beide Ansichten desselben, subjektive und objektive, sind beisammen, heißt: Sie sind nicht nur in der Reflexion unzertrennlich, sondern sie sind auch als Objekte der Reflexion eins und dasselbe. Die Tätigkeit, die in sich zurückgeht, welche sich selbst bestimmt, ist keine andere als die bestimmbare, es ist dieselbe und unzertrennliche.

Das NichtIch ist also nichts anderes als eine andere Ansicht des Ich. Das Ich als Tätigkeit betrachtet gibt das Ich, das Ich in Ruhe betrachtet das NichtIch. Die Ansicht des Ich / als Tätiges kann nicht stattfinden ohne die Ansicht des Ich als Ruhenden [sic], d. h. NichtIch. Daher kommts, dass der Dogmatismus, der das Ich nicht in Tätigkeit denkt, gar kein Ich hat. Sein Ich ist Akzidens des NichtIch. Der Idealismus hat kein NichtIch, das NichtIch ist ihm nur eine andere Ansicht des Ich. Im Dogmatismus ist das Ich eine besondere Art vom Dinge, im Idealismus das NichtIch eine besondere Weise, das Ich anzusehen.
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Wissenschaftslehre nova methodo, 
Hamburg 1982, S. 42f.




Nota. - Das ist ein rhetorischer Kniff, den gesunden Menschenverstand, weil er sich zur Welt naiv einen Schöpfer denkt, zum Kronzeugen gegen den Dogmatismus aufzurufen. Er ist im Gegenteil ein Dogmatiker von Ursache und Wirkung - dass etwas 'ist', ohne dass einer es bewirkt hätte, kann er sich schlechterdings nicht vorstellen; deshalb kommt er, wie wissenschaftlich er sich auch drapiere, im Angesicht des Faktums der Freiheit regelmäßig ins Schlingern.

Wie ist das nun mit dem Finden und der Absicht? Wenn ich nicht auf irgendwas absähe, würde ich nie etwas finden: Fichte hat das ursprüngliche Wollen des Menschen an den Anfang der Wissenschaftslehre gesetzt. Was immer Eingang ins Bewusstsein findet - das Absehen ist immer die Bedingung. So sagt der Transzendentalphi-losoph, doch sobald er das Katheder verlässt, ist er Realist wie alle andern: Die Menschen wären nie aufs Abse-hen verfallen, wenn sie nicht tatsächlich Etwas gefunden hätten; etwas, das ihnen fremd, also unbestimmt war und zum Bestimmen herausforderte. 

Es ist immer alles dasselbe, das wiederholt er oft genug; aber eben immer wieder von der nächsthöheren Stufe aus betrachtet.
JE








Nota. Das obige Foto gehört mir nicht, ich habe es im Internet gefunden. Wenn Sie der Eigentümer sind und seine Verwendung an dieser Stelle nicht wünschen, bitte ich um Nachricht auf diesem Blog.

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