...wie macht es das Ich, um zu empfinden, durch welche Handelsweise ist ein Empfinden möglich?
Diese Frage dringt sich uns auf, denn nach dem oben gesagten scheint das Empfinden nicht möglich. Das Ich soll etwas fremdartiges in sich setzen; dieses fremdartige ist Nicht Thätigkeit oder Leiden, und das Ich soll selbiges durch Thätigkeit in sich setzen; das Ich soll demnach thätig und leidend zugleich seyn, und nur unter Voraussetzung einer solchen Vereinigung ist die Empfindung möglich.
Es muss demnach etwas aufgezeigt werden, in welchem Thätigkeit und Leiden so innig vereinigt sind, dass diese bestimmte Thätigkeit nicht ohne dieses bestimmte Leiden, und dass dieses bestimmte Leiden nicht ohne jene bestimmte Thätigkeit möglich sey; dass eins nur durch das andere sich erklären lasse, und dass jedes an sich betrachtet unvollständig sey; dass die Thätigkeit nothwendig auf ein Leiden, und das Leiden nothwendig auf eine Thätigkeit treibe, – denn das ist die Natur der oben geforderten Synthesis. ... / ...
Das Empfinden ist lediglich insofern möglich, inwiefern das Ich und Nicht-Ich sich gegenseitig begrenzen, und nicht weiter, als auf dieser, beiden gemeinschaftlichen Grenze. (Diese Grenze ist der eigentliche Vereinigungspunct des Ich und Nicht-Ich. Nichts haben sie gemein, als diese, und können auch nichts weiter gemein haben, da sie einander völlig entgegengesetzt seyn sollen. Von diesem gemeinschaftlichen Puncte aus aber scheiden sie sich; von ihm aus wird das Ich erst Intelligenz, indem es frei über die Grenze schreitet, und dadurch etwas aus sich selbst, über sie hinüber, und auf dasjenige, was über derselben liegen soll, überträgt; oder, wenn man die Sache von einer anderen Seite ansieht, indem es etwas, das nur dem über derselben liegenden zukommen soll, in sich selbst aufnimmt.
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Grundriss des Eigenthümlichen der Wissenschaftslehre, in Rücksicht auf das theoretische Vermögen, SWBd. I, S. 345f.
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