Mittwoch, 1. April 2015
Begriff heißt Absicht.
Eine freie Handlung ist nur möglich nach einem frei entworfenen Begriff von ihr...
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Wissenschaftslehre nova methodo, Hamburg 1982, S. 71
Nota. - Der Begriff Begriff spielt im Deutschen eine Sonderrolle, für die es in anderen Sprachen kaum eine Ent- sprechung gibt. Und in der Schulsprache der deutschen Philosophen erst recht, fast möchte man sagen, er sei ihr shibboleth: Wer's nicht richtig ausspricht, gehört nicht dazu.
Vor Kant bestand die Philosophie (der Wolff-Baumgarten'schen Schule) nur aus Begriffen. Es wurde definiert, angehäuft und konstruiert. Kant musste erst wieder daran erinnern, dass man unter einem Begriff sich auch etwas müsse vorstellen können, und das sei nur aus der Anschauung herzuholen. Einem Philosophieren, das nur aus dem Verknüpfen von Begriffen bestünde, wollte er mit der Kritik der reinen Vernunft ein für allemal ein Ende setzen.
Fichtes Nachfolger auf dem Berliner Lehrstuhl setzte ein System in die Welt, wo die Begriffe 'sich selbst be- wegten', mit den denkenden Individuen gleichsam als ihren Vehikeln - ein begriffshubernder Automat mit dem ominösen Dreisprung als perpetuum mobile, von dem Kant sich nicht träumen ließ. Für Fichte selbst jedoch war Kant auch in diesem Punkt nicht konsequent genug, er hing unversehens noch der alten rationalistischen Gewohnheit an. Bei Fichte beziehen sich Begriffe gar nicht mehr auf irgend ein Sein, sondern überhaupt nur noch auf Handlungen, die in ihnen vorab als Zwecke vorgestellt werden. Der Begriff ist immer nur eine gefasste Absicht.
JE
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