Mittwoch, 29. April 2015

Unreines Wollen, Nichtdürfen; Begierde, Sollen, Bewusstsein.


Courbet

...Dies wäre ein Streben, eine Tendenz zum Wollen, welche kein Wollen werden kann vermöge der Beschränkt- heit, eine Begierde, und das Gefühl dieser Beschränktheit wäre, da der reine Wille kategorisch ist, das Gefühl des Nichtdürfens.

Kant hat sich oft, und auch in der Einleitung zum Naturrecht, insbesondere so erklärt: als ob die gegen das reine Wollen strebende Begierde unerklärlich sei. Sie ist aber allerdings erklärbar, sie ist Bedingung des Selbst- bewusstseins, denn sie ist Bedingung des Gefühls des reinen Wollens, ein Gesetz wird; und / ohne Vorausset- zung des reinen Wollens ist kein Bewusstsein möglich. 

Die Begierde gilt für alle endliche Vernunft; wer der Begierde entledigt sein will, der will des Bewusstseins entledigt sein.

Heilig ist für uns kein endliches Vernunftwesen, das Bewusstsein hat. Das Bewusstsein Gottes ist unerklärbar.

Aus der Vereinigung des reinen Wollens mit der Begierde entsteht ein Gefühl des Sollens, eines inneren, kate- gorischen Treibens zum Handeln. ...
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Wissenschaftslehre nova methodo, Hamburg 1982, S. 144f.


Nota. - Das ist nun rätselhaft. Wo kommt das Nichtdürfen auf einmal her? Das Nichtkönnen liegt an der Beschränktheit durch die Gegenständlichkeit des Gegenstands und erscheint im Gefühl. Das steht ganz am Anfang. Doch das Nichtdürfen ist offenbar eine moralische Bestimmung und käme aus der Sittenlehre; wie aber hier?! 


Das Nichtdürfen wäre wohl nur aus einem Sollen zu erklären, nämlich aus dem Sollen genau des Anderen. Hier aber muss das Nichtdürfen das Sollen erklären. Schleicht sich vor der Zeit die Moral - und welche Moral? - ein; oder schleicht sich in die transzendentale Betrachtung etwa gar ein psychologischer Gesichtspunkt? 

Wie dem auch sei - es ist immer heikel, wenn die kritische Philosophie positiv werden will.
JE


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