Montag, 17. April 2017

Selbstbeschränung der Freiheit als eine notwendig zu denkende Aufgabe.



Ferner sollte sie sein eine Beschränktheit der Freiheit als solcher, und indem sie das ist, muss sie Freiheit blei- ben. Die Freiheit wird begrenzt heißt nimmermehr, sie kann [nur] so weit gehen, sonst wäre sie nicht begrenzt als Freiheit, und es gäbe [nur] ein begrenztes Quantum Freiheit. Es ist aber ausdrücklich gesagt, es soll Be- grenztheit der Freiheit als solcher sein, sie soll auch noch über die Begrenzung hinausgehen. Es soll nicht sein wie eine mechanische Begrenzung der Kraft, so dass [vielmehr] die Freiheit weiter gehen könnte, aber aus einem in ihr liegenden Grund nicht weiter gehe.

Setzen wir den Begriff zusammen, so haben wir ihn selbst. Eine Beschränktheit, die aus der Freiheit heraus- kommt, ist Selbstbeschränkung, und diese müsste sie sein. Sie soll aber doch etwas an sich sein, id est ein not- wendiges Denken. Also ein notwendiges Denken einer Selbstbeschränkung wäre die aufgestellte Grenze, die durchs Bestimmen des Ideals zu Stande käme, aber dies ist ein Sollen; Bestimmtheit des Seins hingegen ist ein Müssen.

Man //220// denke an den Charakter des Gegebenseins. Das Sollen erscheint uns nicht als durch uns hervor- gebracht dem Grunde nach, es ist etwas, das einmal so ist, durch Denkzwang Vorhandenes; doch ists Be- stimmtheit der Freiheit, eine Bestimmung, die man nicht findet wie bei dem sinnlichen reellen Denken, [son- dern eine,] die man hervorbringen soll; aber dass man sie hervorbringen soll, das findet man.

Es ist demnach eine notwendig zu denkende Aufgabe: Darinnen eben besteht das Wesen der Ideen, dass man nur die Regel konstruiert, nach der sie zu Stande kommen sollen; z. B. bei dem unendlichen Raume. So ist es gleichsam etwas Gegebenes, eine sich aufdrängende Aufgabe; zweitens ist es Aufgabe nur, in wiefern man sich dieselbe mit Freiheit auflegt.*

Resultat: Ich finde mich als ein solches, das weder beschränkt ist noch unbeschränkt, sondern nur frei ist, id est durch sich selber ins Unendliche bestimmbar, durch welches eben alles Sein ausgeschlossen wird; nur bleibt die Aufgabe, sich in seinem Fortgange selbst zu beschränken. --
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Wissenschaftslehre nova methodo, Hamburg 1982, S. 219 f.



*Nota. -
Die Wissenschaftslehre ist keine Entstehungsgeschichte des Bewusstseins, sondern ein Modell der Ver- nunft. Sie zeigt, dass und insbesondere an welchen Stellen durchgehend Freiheit der Bestimmungsgrund des vernünftigen Handelns ist - und wo dem Ich die Freiheit zur Unvernunft bleibt. Dies ist eine solche Stelle.

JE





Nota - Das obige Foto gehört mir nicht, ich habe es im Internet gefunden. Wenn Sie der Eigentümer sind und ihre Verwendung an dieser Stelle nicht wünschen, bitte ich um Ihre Nachricht auf diesem Blog. JE

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