Freitag, 27. Juni 2014

Das Gefühl des Beifalls und des Missfallens.


J. Jordaens, Susanna und die Alten, Detail

Das Gefühl des Sehnens lässt sich nicht setzen ohne eine Befriedigung, auf die dasselbe ausgeht; und die Befriedigung nicht ohne Voraussetzung eines Sehnens, das befriedigt wird. Da wo das Sehnen aufhört und die Befriedigung angeht, da geht die Grenze.

6) Es fragt sich nur noch, wie die Befriedigung sich im Gefühl offenbare? – Das Sehnen entstand aus einer Unmöglichkeit des Bestimmens, weil es an der Begrenzung fehlte es war daher in ihm ideale Thätigkeit und Trieb nach Realität vereinigt. Sobald ein anderes Gefühl entsteht, wird 1) die geforderte Bestimmung, die vollkommene Begrenzung des X möglich, und geschieht wirklich, da der Trieb und / die Kraft dazu da ist; 2) eben daraus, dass sie geschieht, folgt, dass ein anderes Gefühl da sey. Im Gefühle an sich, als Begrenzung, ist gar kein Unterschied, und kann keiner seyn. Aber daraus, dass etwas möglich wird, was ohne Veränderung des Gefühls nicht möglich war, folgt, dass der Zustand des Fühlenden verändert worden. 3) Trieb und Handlung sind jetzt Eins und ebendasselbe; die Bestimmung, die der erstere verlangt, ist möglich, und geschieht. Das Ich reflectirt über dies Gefühl und sich selbst in demselben, als das bestimmende und bestimmte zugleich, als völlig einig mit sich selbst; und eine solche Bestimmung des Gefühls kann man nennen Beifall. Das Gefühl ist von Beifall begleitet.

7) Das Ich kann diese Uebereinstimmung des Triebes und der Handlung nicht setzen, ohne beide zu unterscheiden; es kann aber beide nicht unterscheiden, ohne etwas zu setzen, in welchem sie entgegengesetzt sind. Ein solches ist nun das vorhergegangene Gefühl, welches daher nothwendig mit einem Misfallen ( dem Gegentheile des Beifalls, der Aeusserung der Disharmonie zwischen dem Triebe und der Handlung) begleitet ist. – Nicht jedes Sehnen ist nothwendig von Misfallen begleitet, aber wenn dasselbe befriedigt wird, so entsteht Misfallen am vorigen; es wird schaal, abgeschmackt.

________________________________________________________________
Grundlage der gesammten Wissenschaftslehre,
SW Bd. I, S. 324f.


 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen