Montag, 10. Oktober 2016

An die Freiheit nur lässt sich etwas anknüpfen.


Lego

Wie kann nun Freiheit und Beschränktheit der idealen Tätigkeit beisammen sein? So: Wird auf die Bestimmt- heit des praktischen (realen) Ich reflektiert, so muss auch Y notwendig so gesetzt werden, also nur die Synthesis ist notwendig. Oder: Soll die Vorstellung wahr sein, so muss ich den Gegenstand so vorstellen, ob aber diese Synthesis vorgenommen werde, dies hängt von der Freiheit des Vorstellenden ab, welches [sic] in sofern keinem Zwange unterworfen ist. 

Wir haben also jenes obige Resultat hier bestimmter und klärer so:

Ich bin beschränkt, zuvörderst praktisch. Diese Beschränkung ist wieder beschränkt durch die im Zustand des Gefühls vorgegangene Veränderung; auf diese kann ich reflektieren oder nicht. Diese Reflexion ist die bisher genannte Anschauung X. Reflektiere ich aber einmal, so kann ich mich nicht allein besschränkt setzen, sondern ich muss auch noch ein //99// Beschränkendes hinzudenken, dies ist die Anschauung Y. Reflektiere ich nicht, so bin ich für mich nicht da, und somit ist auch außer mir für mich nichts da. Indem ich nun den geschilderten freien Akt vollziehe, werde ich meiner unmittelbar bewusst. Mit jener Reflexion auf meinen Zustand und dem daraus folgenden Schlusse auf etwas außer mir ist eine Reflexion auf mich unmittelbar verknüpft, nicht in zwei besonderen Akten.

Auf die Anschauung Y soll ich reflektieren in X; soll diese Anschauung Y meine sein, so muss ich darauf reflek- tieren in Z, auf diese in einer Anschauung V. Dies ist nun wichtig: So gewiss eine freie Anschauung ist, so ge- wiss ist Anschauung der Ich mit verknüpft. Ich schaue mich an als anschauend; dadurch werde ich mir selbst Ich; dies kann nun nicht sein, ohne dass ich mich auch setze als gebunden, denn dadurch erhalte ich erst Halt- barkeit für mich, und so sieht man die Notwendigkeit ein, mit der Anschauung X die Anschauung Y zu verbin- den. So erhält alles bisher Gesagte erst durch die Freiheit Verständlichkeit und Haltbarkeit: An die Freiheit nur lässt sich etwas anknüpfen.
_________________________________________ 
Wissenschaftslehre nova methodo,
 Hamburg 1982, S. 98f.
 



Nota. - An die Freiheit nur lässt sich etwas anknüpfen: Das ist nicht bloß eine weitere rhetorische Blüte. Nur aus der Freiheit lässt sich was machen - oder so ähnlich hieß es schon früher. Aber hier geht es um Anknüpfen: Sofern in Sachen Bewusstsein irgendetwas geschieht, geschieht es nicht aus vorliegenden Ursachen, sondern aus Absichten, und dies immer wieder neu, sonst würde nichts folgen. Die Idee der Freiheit hat nur Sinn, wenn ich sie mir dynamisch vorstelle, als eine unablässig drängende, und andersrum ist Dynamik - wir bleiben immer innerhalb des Bewusstseins - nur durch Freiheit denkbar.

Nota II. - Die Frage, wie aus der (Selbst-) Beschränkung der idealen Tätigkeit ein Gefühl entsteht, verfolgt er nicht weiter, mindestens nicht an dieser Stelle.
JE

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen