Samstag, 25. Februar 2017

Das Ich setzt sich selbst voraus.



Wir wollen zweitens auf das gedachte Denken sehen. Das Ich soll wählen, wie gesetzt wird, oder (das Ich denkt) unter dem Mannigfaltigen, um sich selbst zu bestimmen, so dass das Objekt seines Willens in der Sin- nenwelt wirklich werde. Also das Wählen setzt sich selbst voraus, es weiß es schon, dass es wählen kann und Kausalität hat, das Ich ist also mit sich selbst schon vollständig bekannt, es setzt sich in der Entwerfung des Zweckbegriffs voraus, dies ist hier der Hauptpunkt! 

Zuvörderst - wie setzt sich das Ich voraus, notwendig voraus in jenem Wählen? (Der Form nach nicht, was ist es materialiter?) Das Ich selbst in diesem Akte ist bloß Bestimmbares, nicht Bestimmtheit, es schreibt sich nicht eine bestimmte Kausalität zu dem oder jenem Erfolg zu, sondern setzt eine Kausalität überhaupt voraus.  

Man wolle doch ja Abstraktionen und konkrete Wahrheiten [sic] bemerken, zu erstern gehört der Moment, wo ein Zweckbegriff gefasst wird. Es ist der Begriff von meiner Wirksamkeit überhaupt, nicht Wahrnehmung einer bestimmten Wirksamkeit. Es ist eine solche Gestalt, in der ich mich selbst in Entwerfung des Zweckbegriffs finde. 

Das Ich wird nur über-//191//haupt hingedacht, es ist eine abstraktes Denken, ein Schweben über Entgegengesetz- ten, doch mit dem Bewusstein, dass es Entgegengesetzte sind: so im Entwerfen des Zweckbegriffs meiner selbst, das Denken. Aber wies Denken ist, fällt auch sein Objekt aus, denn beides ist ja nur ein aus verschiede- nen Ansichten Verschiedenes.
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Wissenschaftslehre nova methodo, Hamburg 1982, S. 190f.
   



Nota. - Statt konkreter Wahrheiten wird F. wohl konkrete Wahrnehmungen gemeint haben. Hier kommt es aber auf die Abstraktionen an: Diese erscheinen erst der 'idealen' Tätigkeit = Reflexion. ('Bedeutung überhaupt' gibt es nicht, es ist nur eine nachträgliche Abstraktion.)

- Das Ich setzt sich nicht schlechtweg: "Hoppla, jetzt kommt Ich!", sondern setzt sich als sich selbst vorausgesetzt; so, als ob es 'schon immer da gewesen' sei. Darum kann es sich einen wirklichen Anfang auch nicht vorstellen (und ein Ende will es sich nicht vorstellen). 

Darum sind die empirischen Iche auch so leicht dazu zu überreden, dass sie "eigentliche" nur ein irdisches Akzidens einer überirdischen Substanz wären: Da fühlen sie sich nicht mehr so auf sich allein gestellt. Als Jacobi an Fichte schrieb, er bräuchte zum Leben etwas, woran er glauben kann, meinte er weniger den heiligen Geist, der ihn ruft, als vielmehr die sichere Hand eines Schöpfers, in der er ruht wie in Abrahams Schoß. 

Das Ich setzt nicht nur sich selbst, sondern sich selbst als seinen eigenen Schöpfer. Das ist eine Anmaßung, und es wird ein Leben lang zu tun haben, ihr gerecht zu werden. Doch anders kann es nicht sein eigner Herr sein.
JE






Nota - Das obige Bild gehört mir nicht, ich habe es im Internet gefunden. Wenn Sie der Eigentümer sind und ihre Verwendung an dieser Stelle nicht wünschen, bitte ich um Ihre Nachricht auf diesem Blog. JE

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