Dienstag, 7. Februar 2017

Hier stehen wir am Anfange des Bewusstseins!

 
3.

Ein Bestimmbares durch meinen Willen gibts nur, in sofern wirklich im Bewusstsein ein bestimmter Wille da ist, denn das Bestimmbare ist nur durch das Bestimmte möglich; und letzteres ist bloß Resultat eines Über- gehens aus der bloßen Bestimmbarkeit, und Bestimmbares ist eben das, wodurch übergagngen wird. 

Diese beiden müssen schlechthin beisammen sein; hier ist leicht Irrtum möglich, nämlich im Fortgange eines schon angeknüpften Bewusstseins lässt sich ein Bestimmbares denken, ohne daraus zu wählen; aber beim An- fange des Bewusstseins ist eine solche Abstraktion nicht möglich. -

Bestimmbares und Bestimmtes müssen also notwendig eins sein. Folglich müsste mit jeder Erkenntnis vom Objekte (dem Bestimmbaren für ein mögliches Wollen) ein empirisches Wollen unmittelbar in demselben Momente vereinigt sein. Uns im wirklichen Bewusstsein scheint Wahl und Dekret des Willens so, dass die Wahl dem Wollen vorhergeht. - 

Hier geht das Bestimmbare dem Bestimmten voraus, aber indem ich wähle, weiß ich doch, dass ich wähle; dies heißt nichts anderes, als dass ich meine Deliberation auf ein Wollen beziehe. Aber woher weiß ich denn, was Wollen heißt? Nur, in wiefern ich schon gewollt habe. Diese Form des Wollens beziehe ich demnach auf die Wahl. Das wirkliche Wollen kann ich nur durch das wirkliche Wollen kennen. Hier stehen wir aber am Anfange des Bewusstseins, wo die Form des Wollens nicht übertragen werden kann; hier müsste also Wollen und Deli- berieren zusammenfallen.
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Wissenschaftslehre nova methodo, Hamburg 1982, S. 175
 




Nota. Er sagt es mehrfach: Hier ist noch die Rede vom Anheben des Bewusstseins; nicht schon vom täglichen Geschäft des diskursiven Denkens: eines "schon angeknüpften Bewusstseins". Wir sind immer noch bei der Frage: Wie ist es möglich, dass aus dem noumenal angenommenen reinen Willen eines noumenal angenomme- nen reinen Ichs zum wirklichen Wollen einer empirischen Person wird?

Eins hatten wir gestern: Die Erkenntnis der Mannigfaltigkeit der möglichen Objekte des Wollens ist "ursprüng- lich gegeben". Heute müsste sich nun der reine Wille zum wirklichen Wollen eines empirischen Objekts zusam- menraffen. Das erwähnte Ich müsste also schon wissen, 'was Wollen überhaupt ist'. Das kann es nicht, solange es noch nicht wirklich gewollt hat. Beim allerersten  Mal - dies alles ist eine noumenale Fiktion - müsste das Wollen aus dem Deliberieren, dem Erwägen der Möglichkeiten, selbst entsprungen sein als - allmähliches Über- gehen vom Schwanken zwischen den beiden Entgegengesetzten zu einem "Kontrahieren", dem Festlegen auf eine der beiden Seiten.
JE





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