Mittwoch, 8. August 2018

Einsehen ist sich unterwerfen.

Georges Minne

Ebensowenig lässt sich Moralität durch theoretische Überzeugung erzwingen. ...

Niemand wird überzeugt, wenn er nicht in sich selbst hineingeht und die Zustimmung seines Selbst zu der vor- getragenen Wahrheit innerlich fühlt; welche Zustimmung ein Affekt des Herzens ist, keineswegs ein Schluss des Verstandes. Diese Aufmerksamkeit auf uns selbst hängt ab von der Freiheit, und der Beifall wird sonach frei ge- geben, niemals erzwungen. 

Es wird dadurch nicht gesagt, dass man frei sich überzeugen könne, wovon man nur wolle; nur von der Wahr- heit kann man sich überzeugen und überzeugen wollen; aber selbst von ihr muss man sich nicht überzeugen, sondern das hängt vom guten / Willen ab. Überzeugung ist eine Handlung der Vernunft, welche durch einen Akt ihrer Selbsttätigkeit sich der Wahrheit unterwirft, nicht ein Leiden derselben. ________________________________________
Grundlage des Naturrechts..., SW III, S. 316f.


Nota. - Mit welchen Worten soll ich das Einsehen beschreiben? Es ist: eine Evidenz wahrnehmen, und die kann ich auch nicht erklären. Zur Logik gehört sie nicht, denn auf ihr baut Logik auf. Und wenn die empirische Psy- chologie sie beschreiben könnte, würde es nichts bedeuten. Es ist das Phänomen des Denkzwanges, um das Fichte so ratlos rumschleicht. Man kann immer nur sagen: Das gibt's, ohne es gäbe es gar nichts, nämlich nicht für mich und keinen andern, der ich sagt. Ich unterwerfe mich einem Höheren, aber weil er kein Anderer ist, kann nur ich es sein.

Die Wissenschaftslehre ist nicht einfach das Modell der Vernunft. Sie ist als solche eine Phänomenologie der Ver- nunft, nicht ihre Physik.
JE

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