…daß der Mensch als solcher nicht Zögling der Natur ist, / noch es sein soll. Ist er ein Tier, so ist er ein äußerst unvollkommenes Tier, und gerade darum ist er kein Tier. [S. 81f.] ... Jedes Tier ist, was es ist: der Mensch ist ur- sprünglich gar nichts. Was er sein soll, muß er werden: und da er doch ein Wesen für sich sein soll, durch sich selbst werden. Die Natur hat alle ihre Werke vollendet, nur von dem Menschen zog sie die Hand ab, und übergab ihn gerade dadurch an sich selbst. Bildsamkeit, als solche, ist der Charakter der Menschheit. [S. 80]
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Grundlage des Naturrechts nach Principien der Wissenschaftslehre [1796] SW. Bd. III, S. 81f., 80
Nota. - Der Gedanke, dass der Mensch 'von Natur aus' ein Mängelwesen sei, nämlich im Vergleich zu allen Tieren fürs Leben in seiner Welt organisch ganz unzureichend ausgestattet, und dass, was er stolz seine Kultur nennt, doch immer nur eine unvollkommene Kompensation seiner Mangelhaftigkeit sei, ist von Arnold Gehlen in die philosophische Anthropologie eingeführt worden. Dass der aber in wesentlichen Teilen von Fichte ausging, hat er lauter betont, als für dessen philosophischen Ruf gut war.
Hier an dieser Stelle zeigt sich die Doppeldeutigkeit. Denn während Gehlen aus seiner Prämisse den Schluss zog, der Mensch gehöre, wo immer es geht, in allerlei Korsette geschnürt, weil er von seiner Freiheit überfordert sei, zieht Fichte im Gegenteil den Schluss, dass er, von der Natur vernachlässigt, umso verzweifelter seine Sache in die eignen Hände nehmen müsse, denn sonst hat er keinen, an den er sich halten kann.
Gehlen baute auf die Institutionen, die sich im Lauf der Jahrhunderte in den Gesellschaften ganz so von allein anla- gern wie Kalk in unsern Adern, die allein gäben der menschlichen Condition Halt. Gehlen war ein politischer Re- aktionär.
Fichte blieb zeitlebens entschiedener Parteigänger der französischen Revolution, und wenn er zu seinen deut- schen Landsleuten so viel besonnener sprach, so war es ja ihrer mangelhaften Bildung halber: Eine Nation waren sie noch gar nicht, hieß es in seinen Reden an ebendiese deutsche Nation, es bedürfte einer Nationalen Bildungsanstalt, um sie zu einer solchen erst zu formen.
JE
Grundlage des Naturrechts nach Principien der Wissenschaftslehre [1796] SW. Bd. III, S. 81f., 80
Nota. - Der Gedanke, dass der Mensch 'von Natur aus' ein Mängelwesen sei, nämlich im Vergleich zu allen Tieren fürs Leben in seiner Welt organisch ganz unzureichend ausgestattet, und dass, was er stolz seine Kultur nennt, doch immer nur eine unvollkommene Kompensation seiner Mangelhaftigkeit sei, ist von Arnold Gehlen in die philosophische Anthropologie eingeführt worden. Dass der aber in wesentlichen Teilen von Fichte ausging, hat er lauter betont, als für dessen philosophischen Ruf gut war.
Hier an dieser Stelle zeigt sich die Doppeldeutigkeit. Denn während Gehlen aus seiner Prämisse den Schluss zog, der Mensch gehöre, wo immer es geht, in allerlei Korsette geschnürt, weil er von seiner Freiheit überfordert sei, zieht Fichte im Gegenteil den Schluss, dass er, von der Natur vernachlässigt, umso verzweifelter seine Sache in die eignen Hände nehmen müsse, denn sonst hat er keinen, an den er sich halten kann.
Gehlen baute auf die Institutionen, die sich im Lauf der Jahrhunderte in den Gesellschaften ganz so von allein anla- gern wie Kalk in unsern Adern, die allein gäben der menschlichen Condition Halt. Gehlen war ein politischer Re- aktionär.
Fichte blieb zeitlebens entschiedener Parteigänger der französischen Revolution, und wenn er zu seinen deut- schen Landsleuten so viel besonnener sprach, so war es ja ihrer mangelhaften Bildung halber: Eine Nation waren sie noch gar nicht, hieß es in seinen Reden an ebendiese deutsche Nation, es bedürfte einer Nationalen Bildungsanstalt, um sie zu einer solchen erst zu formen.
JE
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